Der eine wirtschaftsnah, der andere kirchennah

Die möglichen Kandidaten für die Nachfolge des zurückgetretenen Ministerpräsidenten Massimo D’Alema sind alles – nur nicht links

ROM taz ■ Massimo D’Alema war noch gar nicht offiziell zurückgetreten, da ging das „Kandidaten-Lotto“ los. Als heiße Favoriten für das Amt des Regierungschefs gelten derzeit Giuliano Amato, Schatzminister im Kabinett D’Alema, und Notenbankchef Antonio Fazio. Amato, Professor für Verfassungsrecht, saß 1983 bis 1992 für die Craxi-Sozialisten im Parlament, diente Bettino Craxi als Stellvertretender Parteivorsitzender, war 1992/93 schon Regierungschef, leitete dann vier Jahre die italienische Kartellbehörde, ehe er unter D’Alema 1998 in die Politik zurückkehrte. Dass er „es kann“, daran besteht in Italien kaum ein Zweifel. Als technisch fit für den Job des Regierungschefs gilt auch der zweite mögliche Aspirant, obwohl er ein klassischer Seiteneinsteiger wäre: Antonio Fazio hat seine gesamte Karriere in der Banca d’Italia absolviert.

Noch einen Wesenszug haben die Kandidaten gemein. Sie stehen ideologisch klar im Kontrast zum Exkommunisten D’Alema. Schon Amato gilt als wirtschafts- und kirchennah, hat immer wieder mit der Forderung nach einer Verschärfung des Abtreibungsrechts auf sich aufmerksam gemacht. Erst recht darf Fazio als Mann des Vatikans gelten. Ihm werden Opus-Dei-Sympathien nachgesagt. Bei Italiens Bischöfen, bei den Kurienkardinälen geht er ein und aus. Seine Berufung wäre ein bizarres Novum in der Politik: Eine Koalition, deren stärkste Partei von den Exkommunisten der „Demokratischen Linken“ gestellt wird, begäbe sich in die Hände eines grundkonservativen Katholiken.

Es entbehrt nicht der Ironie, dass etwa Fazio immer wieder als möglicher Kandidat des Berlusconi-Blocks für das Amt des Ministerpräsidenten gehandelt wurde. Dennoch wird kaum Widerspruch gegen das Profil der Kandidaten laut. Im Mitte-links-Bündnis gilt offenbar das Motto: Die Wähler rutschen nach rechts – wir rutschen hinterher.

Die Rechte mit ihren eigenen Waffen schlagen – das scheint im Regierungslager die Devise. So sind auch die weiteren möglichen Nachfolger D’Alemas eins ganz bestimmt nicht: links. Da wird EU-Kommissar Mario Monti genannt, der seinen Job in Brüssel Silvio Berlusconis Rechtsregierung von 1994 zu verdanken hat. Da ist die Rede von Nicola Mancino, dem Präsidenten des Senats, der eine jahrzehntelange Karriere in der Christdemokratie auf dem Buckel hat.

Kaum geredet wird dagegen in diesen Tagen von der Politik, mit der das Mitte-links-Bündnis bis zu den Wahlen im April 2001 durchzustehen gedenkt. D’Alemas Rücktrittsrede zeigte das ganze Elend der Koalition: Als einziges Argument gegen Neuwahlen fiel ihm ein, dass das für Mai anberaumte Wahlrechtsreferendum nicht verhindert werden dürfe. Doch selbst zum anstehenden Volksentscheid hat die Koalition keine gemeinsame Position. So humpelt Mitte-links womöglich auf gleich zwei Krücken in eine ungewisse Zukunft. Als Personen bietet die Allianz gemäßigt rechte Exponenten auf, und als Programm hat sie nicht mehr zu bieten als ein Referendum, das der halben Koalition zuwider ist. MICHAEL BRAUN