Hopfen und Malz, Gott erhalt's

■ Für die Brauer ist Ostern dieses Jahr wie Weihnachten / Vor 484 Jahren wurde das Reinheitsgebot geboren / Katholiken-Sprecher Tacke fordert: Mönche hinter den Tresen

Rausch und Religion sind schwer voneinander zu trennen. Das wusste schon der alte Marx, der Gott und den Glauben („Opium“) aus politischen Gründen abschaffen wollte. An diesem Wochenende wird der wundersame Zusammenhang so deutlich wie selten zuvor: Ostersonntag ist der „Tag des deutschen Bieres“. Am 23. April, dem diesjährigen Termin des christlichen Auferstehungsfests, feiern die Brauer den 484. Geburtstag des deutschen Reinheitsgebotes – Hopfen und Malz, Gott erhalt's.

„Kirche und Bier gehören zusammen“. Dessen ist sich Willi Tacke gewiß. Der Pressesprecher aller Bremer Katholiken berichtet von Entwicklungen im fernen Bayern, wo Ungläubigen der Kirchgang durch einen anschließenden Wirtshausbesuch schmackhaft gemacht werden soll. Außerdem: In Maßen genossen, sorge Bier dafür, dass der Mensch fröhlich ist, „und die Osterbotschaft ist eine frohe Botschaft“.

Der Kirchenmann aus Westfalen, der nach eigener Auskunft Klosterbier bevorzugt, verweist auf die Mönche als Braumeister mit jahrhundertealter Erfahrung. Das Kloster Andechs in Süddeutschland plant seines Wissens ein Netz von Gaststätten in ganz Deutschland. Tacke: „Wenn es nach mir ginge, würden die Jungs in Bremen eine Kneipe aufmachen.“ Mit einem Talarträger hinterm Tresen.

Seine prostestantischen Glaubensschwestern und -brüder zeigen sich deutlich weniger sinnenfreudig. „Mir ist das total schnuppe“, kommentiert Tackes Kollegin Jeanette Köster die österliche Terminüberschneidung. Klarer Fall: Die Frau ist Weintrinkerin.

Martin Puschke, Seelsorger in der Hastedter Auferstehungsgemeinde, hat sich einige Tage vorm Fest ebenfalls noch keine Gedanken über die vielsagende Konstellation gemacht. Doch ihm gelingt es aus dem Stand, die theologische Dimension des Themas zu erfassen: Auch Bier könne ein Symbol für das Leben sein, „das stärker ist als der Tod“. Am Wochenende geht schließlich die Fastenzeit zu Ende.

Und erst der Frühling mit seinen Lebenssäften: Puschke erinnert sich daran, dass man zu seiner Jugendzeit noch Birken angeritzt habe, um das aussickernde „Osterwasser“ zu schlürfen. Später hatte dann der polnische Küster der Gemeinde zu Ostern deutlich höherprozentige Getränke spendiert.

Bei Beck & Co weiß man vieles von dem eben Gesagten natürlich nicht. Die mahnende Botschaft der Brauer ist jedoch unüberhörbar: „Es gibt zwei Hefetypen“, schallt es vom Ufer der Weser herüber, „die hat uns der liebe Gott gegeben. Die einen steigen nach oben, die anderen sinken nach unten.“ Worte von biblischer Kraft, gesprochen während einer Betriebsführung. In einer Broschüre zum Brauprozess ist von „Läuterung“ die Rede.

Selbstverständlich ist in den 42 Millionen Litern Bier, die die Beckmänner und -frauen bevorraten, nicht nur Hefe. 330 Gramm Malz (aus Deutschland, Dänemark, England) 2,4 Gramm Hopfen (Bayern), 0,02 Liter Hefe (Bremen) und sieben Liter Wasser (Rotenburg/ Wümme) ergeben ein Six-Pack (1,86 Liter). Und: Die Rohstoffe werden mit allen Sinnen geprüft, heißt es im Kundenmagazin. Darin ist auch ein Teil des deutschen Reinheitsgebotes von 1516 verzeichnet: „Ganz besonders wollen wir, dass fortan (...) zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen.“ Die Hefebakterien plumpsten zu Zeiten Wilhelms IV. noch aus der Luft in die „Würze“.

Mit dem „Tag des deutschen Bieres“ wollen die Brauer der Republik alljährlich an den herzöglichen Erlass – und an ihre Produkte – erinnern. Über 70 Prozent der Bevölkerung würden diesen „Ehrentag für ein Stück deutschen Kulturgutes“ begrüßen, verlautbart der Deutsche Brauer Bund e.V..

Am Ostersonntag feiern deswegen bundesweit „Brauereien, Gastronomen und Getränkefachgroßhändler“. Schließlich – so die vereinigten Brauer – garantiere das deutsche Reinheitsgebot jederzeit „Genuss ohne Reue“. Und das ist – oh weh! – doch ganz schön gottlos.

hase

Die Brauerei Beck & Co bietet noch bis zum 30. April täglich Sonderführungen in der Brauerei zum Thema an; Infos: Tel. 5094 - 5555