: Operation Lederhose – Teil eins
■ Werder verliert glücklich mit 1:3 und spart alle Kräfte für's Pokalfinale
Honkie muss der verzweifeltste Mensch in der großen weiten Fußballwelt sein. Verzweifelt und aufgebracht. Verzweifelt, weil sein FC Bayern heuer die Meisterschaft abschreiben kann. Und aufgebacht, weil dabei doch wohl nicht alles mit rechten Dingen zugehen kann. Denkt Honkie, der Bajuwaren-Reporter von Bild-, der am Donnerstag abend zunächst noch wohlgelaunt mit seinen Kollegen im Weser Stadion telefonierte, mit zunehmender Spieldauer wohl immer übellauniger wurde und schließlich das fernmündliche Konferieren ganz einstellte. „Der will jetzt einen Artikel über den großen Betrug vor der Meisterschaft schreiben“, lachte ein Bremer Kollege. Die Entlarvung von „Operation Lederhose – Teil eins“. Man darf gespannt sein.
Dabei kann man Honkie beinahe verstehen. Zum Ende des Spiels tönte es im Stadion schon schwer nach Schmu. Da sangen die Gästefans gemeinsam mit dem grün-weißen Anhang aus der Ostkurve das beliebte Volkslied von den Bayern und den Lederhosen und derartige Verbrüderungen gibt's nicht alle Tage. Und zweitens hatten nur wenige erwartet, dass der große Bayern-Konkurrent aus Leverkusen derart locker auf dem Weg zur Meisterschaft drei Punkte aus Bremen entführen würde.
Hätten die Leverkusener nach einer grandiosen ersten Halbzeit in Hälfte zwo die Offensivbemühungen nicht weitgehend eingestellt – Werder hätte am Donnerstag ein Desaster erleben können. Leverkusen dominierte nicht nur, phasenweise wurden die Werderaner nach allen Regeln der Fußballkunst vorgeführt. Hätten die Gäste auch nur die Hälfte großartigst herausgespielter Chancen genutzt, wären doppelt so viele Treffer herausgesprungen. Dass ihnen dabei Spielmacher Emerson fehlte, war kaum zu spüren. Dafür zauberte Zé Roberto, dass sogar das Bremer Publikum mit der Zunge schnalzte. Fußball für Feinschmecker. „Uns hat die Frische gefehlt“, räumte Werder-Coach Thomas Schaaf ein. Das Ziel vierter Platz und Teilnahme an der Champions League war für diese Saison wohl ein paar Nummern zu groß. Keine ganz so schlimme Erkenntnis, schließlich sind die Bremer durch den Einzug in's Pokalfinale sicher im kommenden UEFA-Cup-Wettbewerb. Entsprechend entspannt war auch das Bremer Führungspersonal nach der Klatsche vom Donnerstag. Nun können sie sich ganz auf das Pokalfinale konzentrieren. Mit einer echten Chance. Schließlich geht's gegen die Bayern, und die sind mindestens so schlapp wie die Bremer. Am 6. Mai heißt es also: „Operation Lederhose – Teil zwei“. Honkie schreibt schon. Jochen Grabler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen