Die meisten wollen nur Spaß

Der Schüler René Schneider (19) geht zum zweiten Mal mit großer Überzeugung zum Ostermarsch. Als Mitglied der Sozialistischen Deutschen Arbeiter Jugend ist er eine Ausnahme unter seinen Altersgenossen

taz: Die Mehrheit der Leute zieht sich vom Ostermarsch zurück, du bist jetzt das zweite Mal dabei. Warum?

René Schneider: Seit letztem Jahr hat der Ostermarsch durch den Kosovo-Krieg wieder eine Bedeutung erlangt. Der Ostermarsch ist ja nichts anderes als ein Friedensmarsch, und ich finde, dafür muss man auf die Straße gehen. Wenn ich mich zeige, dann ist es vielleicht ein Anlass für andere Leute, auch mitzulaufen.

Wieso bist du im letzten Jahr mitgelaufen?

Ich habe mitgekriegt, dass die Nato in Jugoslawien einen Krieg führt, der gar nicht hätte sein müssen. Das war ein Hauptthema auf dem Ostermarsch, und deshalb bin ich da mitgelaufen.

Der Krieg in Jugoslawien ist jetzt vorbei. Warum gehst du in diesem Jahr wieder auf die Straße?

Weil ich für Frieden bin. Der Jugoslawien-Krieg wird dieses Jahr auch wieder im Mittelpunkt stehen. Ich will auch zeigen, dass so etwas nicht noch einmal vorkommen darf.

In Deutschland wurde doch nach dem Zweiten Weltkrieg verboten, Auslandseinsätze mit Waffen durchzuführen. Dass sie das jetzt trotzdem geschafft haben, sich als angebliche Friedenstruppen wieder einzumischen, finde ich einen echten Hammer.

Wie sieht das Engagement in deinem persönlichen Umfeld aus? Gehst du mit deinen Freunden da hin?

Ja, mit ein paar Freunden und mit der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend. Dort engagiere ich mich, lerne viel politische Theorie, diskutiere und bereite Veranstaltungen vor.

Was ist deine Hauptmotivation dabei?

Die Gesellschaft zu verändern. Das klingt jetzt vielleicht utopisch, aber ich würde gerne einen Staat kreieren, der die Menschenrechte einhält und in dem es keine Klassenunterschiede gibt. Ich finde es auch schrecklich, dass die Industrie so viel in der Politik mitmischen kann.

Ich bin in der DDR aufgewachsen und will das System jetzt nicht in den Himmel heben, aber das Zusammenleben war dort harmonischer, als es heute ist. Es gab nicht so viel Druck von außen. Ich glaube, ich hatte eine schönere Kindheit als viele Kinder heute.

Nach der Shell-Jugendstudie engagieren sich Jugendliche politisch vor allem dann, wenn der Spaßfaktor stimmt und ein kurzfristiger Erfolg in Aussicht ist. Das ist beim Ostermarsch wohl kaum der Fall. Wie versuchst du Jugendliche davon zu überzeugen, dass sie daran teilnehmen?

In der Schule diskutieren wir eigentlich in jeder großen Pause mit ein paar Leuten. Neuen Interessierten erzählen wir, was der Ostermarsch ist, und die finden den oft sinnvoll. Aber ich muss schon zugeben, dass die meisten Jugendlichen nur ihren Spaß wollen und nicht richtig wissen, weshalb sie – wenn überhaupt – demonstrieren.

Hast du, abgesehen von den Forderungen der Veranstalter, noch eigene Wünsche?

Es müsste meiner Meinung nach viel mehr in der Bildungspolitik getan werden. Wenn man in Deutschland nicht so viel Geld für Kriegseinsätze rausschmeißen würde, könnte man das Geld viel besser für Bildung einsetzen. Die Lage an den Schulen mit dem Mangel an Lehrern und Lehrmaterial ist ja ziemlich mies.

Interview: SILVIA LANGE