Lebenslange Haft für Skins

Vier junge Männer quälten Arbeitslosen zu Tode. Gericht spricht von menschenverachtender Gewalt und sieht engen Zusammenhang zwischen Rechtsradikalität und Gewaltbereitschaft

Vier Berliner Skinheads müssen für den qualvollen Tod eines 38 Jahre alten Arbeitslosen lange Jahre hinter Gitter. Das Landgericht verurteilte zwei 23-jährige, einschlägig vorbestrafte Angeklagte am Donnerstag wegen Mordes nach Erwachsenenstrafrecht zu lebenslangen Freiheitsstrafen. Ein 18-Jähriger erhielt acht, ein 19-jähriger Skinhead achteinhalb Jahre Jugendstrafe. Das Gericht ging damit bei dem 19-Jährigen sogar noch über den Strafantrag der Staatsanwaltschaft hinaus.

Nach Überzeugung des Gerichts hatten die vier Rechtsextremen in der Nacht zum 6. Oktober vergangenen Jahres den Sozialhilfeempfänger planmäßig zu Tode gequält. Der Vorsitzende Richter Kai Dieckmann zeigte sich in der Urteilsbegründung völlig ratlos über die Tat: „Woher kommt die Bereitschaft dieser vier Angeklagten, in einem solchen menschenverachtenden Ausmaß Gewalt anzuwenden?“, fragte er. Sie kämen aus wohl situierten Elternhäusern, hätten Berufe erlernt und seien auch keine Monster. Doch ihr Vorgehen sei besonders hinterhältig und ausgesprochen brutal gewesen.

Ursprünglich war das Quartett an jenem Oktoberabend losgezogen, um Punks zu verprügeln. Sie seien auf Gewalt aus gewesen. „Wo sie hinkamen, erzeugten sie, wie so oft, wenn die Gruppe unterwegs war, Angst und Schrecken“, sagte Dieckmann. So wurde ein Radfahrer von seinem Rad gerissen und ihm der Rucksack weggenommen. Vor einer Dönerbude versuchten die alkoholisierten Skins, auf dem Kopf eines Mannes eine Flasche zu zerschlagen. Vor einem besetzten Haus grölten sie: „Hier marschiert der nationale Widerstand“.

Als die Gruppe an einer Lichterberger Tankstelle auf den Sozialhilfeempfänger traf und dieser den jungen Männern „Prost, Kameraden!“ zurief, hatten diese ihr Opfer gefunden. Nach einem ersten Fußtritt lockten die vier Angeklagten den Mann nach Überzeugung des Gerichts zum „Versöhnungstrunk“ in einen dunklen Park. Mit einem Judowurf habe der heute 19-Jährige den Ahnungslosen zu Boden gestreckt und festgehalten. Dann habe es Tritte mit metallbeschlagenen Springerstiefeln gehagelt.

Das Opfer wurde in Gesicht, Bauch und Brust getroffen. Röchelnd blieb es in seinem Blut am Weg liegen. Danach sei die Gruppe in die Wohnung eines Angeklagten gegangen, um über das weitere Vorgehen zu diskutieren. Als die jungen Männer zu ihrem Opfer zurückkehrten, hatten sie nach Ansicht des Gerichts eine Entscheidung gefällt: „Sie hatten gemeinsam beschlossen, den Mann zu töten“, sagte Dieckmann, damit er sie nicht verrate.

Der 19-Jährige kniete sich nach Überzeugung der Richter nieder und stach dem Mann mehrfach in den Hals, die anderen versetzten ihm weitere Tritte. „Der Mann ertrank regelrecht in seinem Blut“, beschrieb ein Gutachter im Prozess den Tod des Opfers, dessen Knochen unzählige Brüche aufwiesen. Die Skinheads gingen gemeinsam in die Wohnung zurück, tranken Bier, reinigten ihre blutverschmierten Stiefel und warfen das völlig verbogene Messer aus dem Fenster.

„Es war keine rechtsradikale Tat, aber eine Tat von Rechtsradikalen“, sagte der Vorsitzende Richter. Er verwies ausdrücklich auf den „engen Zusammenhang zwischen Rechtsradikalität und Gewaltbereitschaft“. AP, taz