Er ist zu faul, zu faul zur Liebe

A lonley Ranger on the road durch weites, weites Land und die Bedrängnisse und Herausforderungen unterwegs

Sonne, Sand und Staub. Weit ist das Land, das Land ist so weit. Und natürlich der Highway, die Wüste, die Hitze. Eddie, der lonely Ranger, fährt mit seinem Pick-up mitten da durch. Wohin? Das weiß nur der Wind. Aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ins Nirgendwohin, denn Eddie ist ein Nowhere-man. Er ist müde, verdammt müde, 14 Stunden am Steuer, ohne Rast, ohne Ziel, das ist selbst für einen Eddie fast zu viel. Weit ist das Land, das Land ist so weit.

Ein Motel wäre jetzt genau das Richtige. Und da taucht es auch schon hinter dem Kakteenwäldchen auf, wie eine Fata Morgana, wie bestellt und nicht abgeholt, so schäbig wie ein Motel nur sein kann. Doch die Besitzerin ist schön, sehr schön ... Sie heißt Sue Ann und ist gerade dabei, sich eine Champignoncreme-Suppe anzurühren, als Eddies Acht-Zylinder-Dodge mit schicksalhaftem Brabbeln in den staubigen Hof rollt. Sie blickt aus dem Küchenfenster und spürt sofort: Er sollte mal die Ventile nachstellen lassen. Dann tritt er ein.

Sirrende Sehnsucht macht sich breit. Klirrende Teller machen sich dünn, ein zitternder Löffel verrät alles. Leidenschaft köchelt leise vor sich hin ... Es ist heiß, sehr heiß. Und im El Coyote Motel ist Air-Conditioning ein American Dream, der nie in Erfüllung gegangen ist. Wer hier strandet, der hat alles hinter sich gelassen ... Und vor sich nichts. Weniger als nichts. Nothing, wie der Amerikaner sagt.

Eddie ist ruhig, spricht kein Wort. Doch Sue Ann weiß auch so, was er braucht nach seiner long, long journey. Einen Schluck. Vom Besten. Sie bringt ihm den Whisky aufs Zimmer, und als sie das Glas auf das Nachtkästchen stellt, sprechen ihre Blicke Bände. Doch ihm ist nicht nach Lektüre zumute. Nicht einmal nach Blättern ... Ja, die bittere Wahrheit ist: Er ist zu faul, zu faul zur Liebe. Am nächsten Morgen heißt es dann: It’s breakfast-time. Doch ein Mann wie Eddie frühstückt nicht. Den Stapel frisch gebackener Pancakes würdigt er keines Blickes, die Eier mit Speck bleiben unberührt in der Pfanne. Ein schwarzer Kaffee, das ist alles. Kein Wort des Dankes entfleucht dem Gehege seiner Zähne.

Danach sattelt Eddie wieder seine Pferde. Der Blick, den Sue Ann ihm zuwirft, fällt in den Staub, verglüht vor seinen Stiefeln. Ungerührt dreht er den Zündschlüssel und wirft die Maschine an. Er verschwindet in einer Wolke aus Ruß und ausgebrannter Leidenschaft, fährt hinaus ins weite, weite Land. Was bleibt? Eine zur brüchigen Bretterwand geronnene Metapher menschlichen Scheiterns. Ein Berg verschmähter Pfannkuchen. Und natürlich Sonne, Sand und jede Menge Staub ...

RÜDIGER KIND