Beruf: Exfreundin

Hecken schneiden, Liebe machen: Die Sängerin Gwen Stefani, in den USA so bekannt wie Madonna, ist einRiot Girl fürs Reihenhaus. Mit ihrer Band No Doubt bringt sie bonbonrosa Mädchenträume zum Klingen

Schön ist es nicht, dauernd verlassen zu werden. Das macht traurig und depressiv, das nagt am Selbstbewusstsein, und die Spannen zwischen den einzelnen Liebschaften werden immer größer. Trost aber gibt es von Gwen Stefani, der Sängerin der amerikanischen Band No Doubt. Die ist sozusagen von Beruf Exfreundin und damit ein großer Popstar geworden. „Ex-Girlfriend“ heißt der Song, mit dem No Doubt in diesen Tagen in die Dauerrotation der Musiksender und in die Charts gelangt sind: „Irgendwie wusste ich schon immer“, singt Gwen Stefani da, „dass ich mal als deine Exfreundin enden würde.“

Das ist nun nicht so tragisch, wie es klingt. Denn eigentlich erzählt Stefani mit diesem Song nur die Fortsetzung einer sehr erfolgreichen Geschichte, die drei Jahre zurückliegt. Da wurde sie von dem No-Doubt-Bassisten Tony Kanal verlassen und sang sich daraufhin den Frust mit dem Schluchz- und Schniefliedchen „Don’t Speak“ von der Seele. Damit ließ sich die einstige Liebe nicht mehr kitten, doch mit Stefani wollten auf einmal Millionen von Menschen den Schmerz teilen: „Don’t Speak“ wurde einer der größten Hits der Neunzigerjahre, das dazugehörige Album „Tragic Kingdom“ verkaufte sich mit seinen netten und folgenlosen Poprock-Songs weltweit mehr als fünfzehn Millionen Mal. No Doubt waren plötzlich größer als Oasis und Gwen Stefani genauso bekannt wie Madonna.

Dass der Band aber ein Schicksal wie anderen Einhitwundern aus der großen Zauberkiste der Popmusik beschieden sein würde (Crash Test Dummies! Four Non Blondes!!), wie das seinerzeit nicht selten vermutet wurde, dagegen sprach zweierlei.

Zum einen die Hartnäckigkeit von No Doubt. Zehn Jahre war die Band schon vorher durch die Lande getingelt und hatte zwei mäßig erfolgreiche Alben mit einer auch nicht weiter aufregenden Mischung aus Pop, Punk und Ska veröffentlicht. Und trotz dieser langen Durststrecke schienen die Bandmitglieder fest entschlossen, nicht wieder in den Suburbs von Anaheim, Kalifornien, zu landen, wo sie sich mit Jobs in Reparaturwerkstätten und Eisdielen durchs Leben schlugen; Speed Kings und Queens sollten andere werden.

Und dann war doch noch Gwen Stefani. Sie bot sich nämlich ideal als Projektionsfläche für tausendundeinen Girltraum an. Vom All-American Girl wurde sie zum Superstar, sie war blond, sexy und erfolgreich, und sie sang „I’m just a girl“, um in diesem Song Strophe für Strophe mitzuteilen, wie satt sie genau das hatte.

Mittlerweile aber hat Stefani oft genug betont, dass gerade der Song „Just A Girl“ ein Missverständnis gewesen sei. Mit Ideologien habe sie nichts am Mic, schon gar nicht mit Riot-Girl-Attitudes, sie meine alles sehr persönlich und eins zu eins. Da mag sie nun neuerdings ihr Outfit gewechselt haben und im new-wavigen Bonbonrosa herumlaufen, von den Haaren über ihre Klamotten bis zu den Fußnägeln. Und da mag sie auch ganz Rock-’n’-Roll-Lifestyle-mäßig eine (natürlich schwierige) Beziehung mit dem Sänger der englischen Grungeband Bush, Gavin Rosdale, führen.

Doch von wegen Rock ’n’ Roll und Rollenspielen, von wegen Imagekonstruktionen, Modeln und Remodeln. Stefani möchte nicht Madonna sein, sondern vor allem ein braves und liebes Mädchen, eher Meg Ryan als Julia Roberts. Ihr geht es, das singt sie auf einem Song von „The Return of Saturn“, um eine ganz einfache Sache, um ein ganz einfaches Leben. Und: „And all I needed was a simple man, so I could be a wife“. Ein paar hübsch klingende Lieder weiter fragt sie sehnsüchtig nach demjenigen, der sie denn nun endlich heiraten werde, und gesteht: „I can’t help that I like to be kissed, and I wouldn’t mind if my name changed to Mrs.“

Das ist so simpel, bieder und girl next door, dass es schon wieder aufmerken lässt, das ist so offensichtlich, dass es schon wieder revolutionär ist. Doch zu vermuten ist, dass es Gwen Stefani wirklich ernst damit ist und sie tatsächlich auf ihren Traumprinzen wartet. Kein Rocker natürlich, sondern ein ganz braver Mann, der sie dann in sein kleines, feines Eigenheim mit Vorgarten irgendwo in einem sauberen Vorort führt: Hecken schneiden, Liebe machen, Bridge spielen.

Bloß erst mal finden, liebe Gwen, finden! Weshalb es mit No Doubt und ihrer Musik bestimmt noch eine ganze Weile weitergeht. Vielleicht dreht Gwen Stefani dann auch einmal den Spieß um, verlässt selbst einen Mann und schreibt ein Lied drüber. Denn aktiv Verlassen ist ja auch irgendwie schmerzhaft.

GERRIT BARTELS

No Doubt: „The Return Of Saturn“ (Interscope/Universal)