Osterbündnis für Menschenrechte

Über 100 Abgeordnete von CDU, SPD, Grünen und FDP setzen sich für Kriegsflüchtlinge ausEx-Jugoslawien ein. Jetzt ist es an den Ministerpräsidenten der Länder, die Forderungen zu erfüllen

BERLIN taz ■ Alles begann in Afrika. Auf einer Exkursion von Bundestagsabgeordneten kamen sich vor einigen Wochen die Grüne Claudia Roth und ihr CDU-Kollege Christian Schwarz-Schilling näher. Dort trafen sie eine Pastorin, die kurz zuvor für „Brot für die Welt“ im Kosovo gearbeitet hatte. Offenbar waren ihre Erzählungen aus der Krisenregion so eindrucksvoll, dass sich der CDU-Senior überreden ließ, bei einer parteiübergreifenden Aktion zugunsten der Bürgerkriegsflüchtlinge aus Ex-Jugoslawien mitzumachen. „Wir haben uns gesagt, wir versuchen es einfach“, erinnert sich Roth.

Das ungewöhnliche Duo hatte Erfolg: Kurz vor Ostern veröffentlichten sie einen Appell gegen die rigorose Abschiebung von Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo. Unterschrieben hatten den Brief an die Ministerpräsidenten der Länder nicht nur die „üblichen Verdächtigen“ aus der grünen Fraktion, sondern über 100 Abgeordnete und PolitikerInnen aller Couleur. Auch 19 CDUler wie Volker Rühe, Rita Süssmuth und Heinz Riesenhuber forderten, in der Flüchtlingspolitik stärker als bisher „humanitäre Grundsätze zu beachten“.

Die Unterzeichner setzen sich dafür ein, den rund 50.000 in Deutschland lebenden Bosniern die Abschiebung zu ersparen. Die meisten von ihnen seien als Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen bisher von der Rückführung ausgenommen gewesen, „jedoch seit kurzem ebenfalls von zwangsweiser Rückführung bedroht“. Kritisch werden die Pläne der Länder-Innenminister gesehen: Rund die Hälfte der 180.000 Flüchtlinge aus dem Kosovo sollen bis zum Jahresende zurückkehren. Solange es sich um Albaner handele, sei eine Rückführung vielleicht zu verantworten, sagt Roth. „Aber es darf nicht sein, dass dabei auch Mitglieder von Minderheiten abgeschoben werden, die im Kosovo weiterhin bedroht sind.“ Das Bleiberecht von Roma, Sinti und Aschkali müsse deshalb verlängert werden.

Roth freut sich über die österliche Koalition von Unterstützern. Dadurch sei klar geworden: „Das ist keine Rechts-links-Diskussion, hier geht es um einen menschlichen Umgang mit Opfern von Krieg und Verbrechen.“ Trotzdem war sie überrascht von den Reaktionen. Nicht nur, dass sich 19 Unionschristen mit ihrer Unterschrift gegen die Linie ihrer Partei stellten. Zusätzlich kritisierte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl Lamers, „dass die Behörden bei der Flüchtlingsrückführung nicht immer die erforderliche Sensibilität zeigen“.

Fast noch wichtiger ist Roth aber die Unterstützung zahlreicher SPD-Abgeordneter: „Denn die kritisieren damit ihre Genossen Innenminister.“ Roth hofft, dass die ihre harte Linie noch einmal überdenken. Denn politische Macht haben die hundert Unterzeichner nicht. Für den Sprecher des UN-Flüchtlingskommissariats, Stefan Telöken, ist der Osterappell ein „begrüßenswertes Signal“. Eine Prognose, wie weit der Einfluss der Unterzeichner reicht, wollte er nicht wagen. Er sei gespannt, wie die Innenminister bei ihrem nächsten Treffen im Mai reagieren werden. LUKAS WALLRAFF