CDU-LÄNDER WOLLEN ATOMAUSSTIEG IM BUNDESRAT SCHEITERN LASSEN
: Juristischer Theaterdonner

„Eine Schicksalsfrage der Nation kann nicht an den Ländern vorbei entschieden werden.“ Pathetisch reklamiert Bayerns Staatskanzleichef Erwin Huber ein Vetorecht der Länder beim geplanten Atomausstieg. Bundesumweltminister Jürgen Trittin weist dies zurück: Atompolitik sei Bundessache. Doch mit Äußerungen auf „Tagesschau“-Niveau wird man der komplexen Rechtslage nicht gerecht. Zu unterscheiden sind zunächst Verwaltung und Gesetzgebung. Oft handeln die Länder nur im „Auftrag“ des Bundes. Die Landesverwaltungen können von Berlin per „Weisung“ auf Kurs gebracht werden. So hat Angela Merkel ihre Atompolitik durchgesetzt, so will auch Trittin vorgehen. Die jetzt heiß diskutierte Genehmigung von atomaren Zwischenlagern ist allerdings ohnehin nicht Aufgabe der Landesbehörden, sondern des Bundes(!)amts für Strahlenschutz. Was also soll der Streit?

Tatsächlich setzen Huber, Koch und Co. nicht an Verwaltungsentscheidungen an, sondern an der Gesetzgebung. Denn selbst wenn der Regierung ein Konsens mit der Industrie gelingt, muss am Ende eine Änderung des Atomgesetzes erfolgen. Diese Novelle benötigt aber nach Auffassung der Südländer die Zustimmung des Bundesrates – und würde sie bei den derzeitigen Mehrheiten wohl nicht bekommen. Deshalb ist die entscheidende Frage, ob die Regierung das Atomgesetz so formulieren kann, dass der Bundesrat kein Vetorecht erlangt.

Dass Huber nun Atompolitik und Entsorgung zur „Schicksalsfrage der Nation“ erklärt, ist juristisch völlig irrelevant – auch Militärpolitik kann von existenzieller Bedeutung sein, benötigt aber nicht die Zustimmung der Länder. Wichtiger ist, ob ein Gesetz Verwaltungsverfahren der Länder verändert. Und genau hier haken die Südländer auch ein. Die geplante Aufwertung der Zwischenlager, mit der Rot-Grün Atommülltransporte verhindern will, gestalte wasser- und baurechtliche Zuständigkeiten der Länder, heißt es.

Ob dies der Fall ist, kann jedoch erst anhand eines Gesetzentwurfes überprüft werden. Bis dahin produzieren beide Seiten nur Theaterdonner, um das Publikum zu beeindrucken. CHRISTIAN RATH