Anschlag von rechts

Mutmaßlicher Brandstifter von Erfurt gehört der rechten Szene an. Bislang verweigert der 18-Jährige die Aussage

BERLIN taz ■ Vier Tage nach dem Brandanschlag auf die Synagoge in Erfurt hat die Staatsanwaltschaft offenbar einen der Täter festgenommen. Mit zwei Drohanrufen hatte die unbekannte Gruppe namens „Scheitelträger“ die Ermittler zuvor erneut in Aufregung versetzt. Die Anrufe galten dem PDS-Politiker Bodo Ramelow, der am Karfreitag auf einer Mahnwache zu verstärkter Wachsamkeit gegen Rechtsradikale aufgerufen hatte, und einem Staatskanzlei-Mitarbeiter, der ein schärferes Vorgehen gegen Rechtsextreme gefordert hatte.

Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft hatten jedoch zunächst in alle Richtungen ermittelt. Auch das Bundeskriminalamt war eingeschaltet. Die Ermittler hielten es für möglich, dass Täter aus dem linken Spektrum mit dem Anschlag den Widerstand gegen Rechtsradikale anstacheln wollten. Der Begriff „Scheitelträger“ gilt als Schimpfwort der Linken für Neonazis. Zudem waren das professionelle Bekennerschreiben und die dilettantische Ausführung des Anschlages nach Polizeiangaben widersprüchlich.

Für Ramelow, stellvertretender PDS-Landesvorsitzender und einer der Wortführer des Thüringer „Bündnis gegen rechts“, war dieser Verdacht jedoch an den Haaren herbeigezogen. „Das ist ein Versuch, die Linke zu diskreditieren“, sagte er gestern gegenüber der taz. Schon die Nazis hätten versucht, den Reichstagsbrand der Linken anzulasten. Der Drohanrufer habe ihn mit den Worten „schönes Interview“ begrüßt – für Ramelow ein deutliches Zeichen, dass es sich um rechtsextreme Täter handelt. In der Bild-Zeitung hatte der PDS-Politiker die NPD als Sammelbecken gewaltbereiter Kräfte beschrieben.

Das „Bündnis gegen rechts“ will den für den 1. Mai geplanten NPD-Aufmarsch in Weimar verhindern. Thüringer Neonazis waren in den vergangenen Wochen wiederholt in der Öffentlichkeit aufgetreten – zuletzt bei Aufmärschen in Erfurt, Gera und Pößneck. In dem Brandanschlag sieht Ramelow denn auch „kein singuläres Ereignis“. Vor der Synagoge versammelten sich am Wochenende rund 100 Menschen zu einer Mahnwache.

Herta Däubler-Gmelin (SPD) forderte nach dem Anschlag eine harte Bestrafung der Täter. Es müsse deutlich werden, „dass unsere Gesellschaft Rechtsextremismus nicht duldet“. Die bestehenden Gesetze würden dazu jedoch ausreichen. Thüringens Innenminister Christian Köckert (CDU) hatte eine Videoüberwachung der Straßen um die Synagoge vorgeschlagen.

Unterdessen haben vier Erfurter in der Nacht zum Ostermontag einen 22-jährigen Türken zusammengeschlagen. Die Polizei nahm die Männer im Alter zwischen 16 und 28 Jahren fest.

NICOLE MASCHLER