Die Hoffnungen ruhen auf Österreich

■ Kammerspiele-Chef Ulrich Waller stellte das Programm des 14. Kabarett-Festivals vor

Traditionen neigen zum Verknöchern. Das Kabarett auch. Wenn im Juni in den Kammerspielen das 14. Hamburger Kabarett-Festival stattfindet, muss dessen künstlerischer Leiter Ulrich Waller acht geben, nicht zwischen die genreüblichen Klischees zu geraten. Auf der einen Seite soll sich die Rundumschau durch die deutsche Kleinkunst finanziell behaupten und entsprechend das linksliberale bis linksalternative Publikum bedienen. Auf der anderen darf die gestern vorgestellte Veranstaltung ihre politische Kompatibilität nicht überbetonen, um nicht in den Ruf eines gewöhnlichen Kleinkunst-Events mit Nachdenkcharakter zu geraten.

Denn politisch ist das Festival und will es auch weiterhin sein. „Nachdem wir jetzt erst erkennen, was 18 Jahre Kohl angerichtet haben“, steckt Waller den Rahmen gleich einmal ab, sei es an der Zeit, diese Jahre Revue passieren zu lassen und auch das rot-grüne Regierungsprojekt nicht aus den Augen zu verlieren. In diesem Sinne ist das Gastspiel von Mathias Richling im Mai als Vorspiel zum Festival zu verstehen. Schließlich könne der Stuttgarter die denkbar schärfste und brillanteste Analyse von Schröder & Co. liefern.

Damit ist aber auch schon ein Problem des Kabarettisten-Marathons – insgesamt 14 Gruppen oder Solokünstler stellen ihre Programme meist erstmals in Hamburg vor – benannt. Richling gehört zu den Wortverdrechslern der alten Schule, die das Kabarett in eine Sackgasse geführt haben und jetzt erst einmal beweisen müssen, dass sie auch nach der Ära des Dicken noch beziehungsweise wieder etwas zu sagen haben. In diese Gruppe gehören auch die anderen Etablierten wie Matthias Beltz, der die Moral in den Mittelpunkt seines Programms stellt, oder Bruno Jonas, der die wenig originelle Stoiber-Perspektive betont.

Mehr erwarten darf das Publikum vom Hamburger Bader-Ehnert-Kommando, vor allem aber von den hierzulande noch ziemlich unbekannten Österreichern wie dem Brüderpaar Schöller-Bacher oder Martin Puntigam. Das andere und unerwartete Verständnis von Kabarett erwächst in Haider-Land aus einer langen und zutiefst schwarzen Tradition, die sich eben genau nicht in originellen Demaskierungen des sogenannten Rechtspopulisten erschöpft.

Insbesondere auf Puntigam ruht die Hoffnung, dass die kleine Form wieder Größe gewinnt. Der Grazer hat die Schwärze des jungen Hader und kann ganz in der Wiener Tradition eines Qualtinger durch ein kurzes Gesangsstück einer Figur Leben geben. Seine Tätigkeit als Reiseleiter bei der „Stadtrundfahrt des Grauens“ im Rahmen der „Wiener Wochen des schlechten Geschmacks“ ist noch heute Legende. Wer ohne mit der Wimper zu zu-cken eine ganze Stadt zur Groteske macht, sollte auch in der Lage sein, mit seinen Familiengeschichten das südliche Nachbarland aufs Gröbste zu charakterisieren. else