Wandelnde Fleischberge oder kleine Caravaggios? Der Männerkult in Thom Fitzgeralds „Beefcake“

Für Bob Mizer war es Kunst. Als er 1945 die „Athletic Model Guild“ gründete, wollte der schüchterne 32-jährige Fotograf aus Los Angeles bloß zeigen, wie schön männliche Körper aussehen können. Er dachte an eine moderne Version von Michelangelo und Caravaggio. Weil seine Leidenschaft aber auch Geld bringen sollte, legte Mizer eine Kartei an, mit der die jungen Männer an andere Fotografen vermittelt werden konnten: Das Ergebnis war eine der ersten Agenturen für male models. Der Staatsanwalt sah es anders und klagte Mizer in den 50er-Jahren wegen Prostitution an. In der Zwischenzeit wurden seine Fotos zur Legende: Als „Physical Culture“-Magazine in Kleinauflagen veröffentlicht, schuf Mizer den Mythos vom „Beefcake“ – Männer wie wandelnde Fleischberge. Nackt, enorm muskulös und irgendwie lecker. Thom Fitzgeralds „Beefcake“ ist der Film zum Männerkult in den Fifties: ironisch, camp und manchmal hart am Homo-Kitsch. Braungebrannte Jünglinge räkeln sich am azurblauen Pool, der Fußboden leuchtet rot, und die Wände sind in Dottergelb gestrichen. Im Mittelpunkt von „Beefcake“ steht jedoch der Prozess gegen Mizer. Seine Fotos galten als obszön, Homosexualität war strafbar. Interviews mit den früheren Models dokumentieren, dass die Trennlinien damals unscharf verliefen. Einer erklärt, dass ihn Sex nur interessierte, wenn es der Karriere nützte, für andere blieben blow-jobs eher Gefälligkeiten unter Freunden. Die meisten Athleten waren ohnehin stockheterosexuell – zum Leidwesen von Bob Mizer. HARALD FRICKE

„Beefcake“. Regie: Thom Fitzgerald. USA 1998, 93 Min. FOTO: VERLEIH