Nachama will nicht mehr

Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde: „Das ist nicht mein Leben.“ Nachama ist frustriert über mühsame Gremienarbeit. Der Ex-Geschäftsführer der „Topographie“ will wieder dort arbeiten

von PHILIPP GESSLER

In der Gemeinde zeigt man sich „überrascht“, ja spekuliert gar, dass dies nur ein „Bluff“ sein könnte – doch Andreas Nachama meint es ernst: Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, der größten in ganz Deutschland, will nicht mehr. Gut zweieinhalb Jahre nach Amtsantritt hat sich Nachama dazu entschlossen, im kommenden Jahr nicht mehr für das Amt des Gemeindechefs zu kandidieren. „Das ist nicht mein Leben auf Dauer“, sagte er der taz.

Damit ist öffentlich, was Nachama in Andeutungen schon oft streute: Mehr als eine Legislaturperiode werde er wohl nicht als Gemeindevorsitzender zur Verfügung stehen. Der ehemalige Kulturmanager und Geschäftsführer der „Topographie des Terrors“ will wieder einer Aufgabe fern der aufreibenden und oft bloß frustrierenden Gremienarbeit in der Gemeinde nachgehen: „Es ist relativ anstrengend, in der ersten Reihe zu sitzen.“

Nachama sagte, er habe die Position als Vorsitzender von Anfang an nie als Aufgabe für eine „lange Strecke“ gesehen. Er habe sich vielmehr das Ziel gesetzt, die Gräben in der Gemeinde zuzuschütten und alle Strömungen an den Vorstandstisch zu bringen. Das sei ihm, mit Einschränkungen, gelungen. Die Struktur der Gemeinde sei aber „ineffektiv“. Nach der Beratung in den Ausschüssen würde vieles noch einmal in der 21-köpfigen Repräsentantenversammlung, dem Gemeindeparlament, durchdiskutiert: „Das ist vertane Zeit.“ Oft sei er nach resultatarmen Abenden in den Gremien frustriert nach Hause gekommen. Mit der Entscheidung meine er es „sehr ernst“, betonte Nachama.

„Ein Faktor“ für seinen Entschluss sei auch, dass die „Topographie“ derzeit in solche Schwierigkeiten gekommen ist. Er wolle helfen, dass die geplante Gedenkstätte, die Nachama schon als sein „Lebenswerk“ bezeichnet hat, doch noch wie vorgesehen gebaut werden könne.

Am 18. März 2001 wird die Gemeinde eine neue Repräsentantenversammlung wählen. Als mögliche Kandidaten für die Nachfolge von Nachama werden der stellvertretende Gemeindevorsitzende Moische Waks sowie der Personaldezernent Meir Piotrkowski genannt. In liberalen Kreisen befürchtet man, dass nach dem liberalen Nachama nun die Konservativen das Zepter übernehmen könnten. Deshalb erscheint es als nicht ausgeschlossen, dass Nachama gedrängt wird, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken.