■ Die taz dokumentiert weitreichende Urteile
: Darf Sperrfrist kürzer sein?

Ob Knatsch mit der Rentenversicherung, der Bundesanstalt für Arbeit oder der Krankenversicherung: Wenn es um Streitigkeiten auf dem weiten Gebiet der Sozialversicherung geht, fällen das Sozialgericht und das Landessozialgericht zum Teil weitreichende Urteile. Die taz dokumentiert in loser Folge in Zusammenarbeit mit dem Gericht einige Urteile.

Das Gericht entschied: Eine Sperrzeit kann wegen besonderer Härte auf sechs Wochen verkürzt werden.

Persönliche Umstände eines Arbeitslosen bei der Ablehnung eines Arbeitsangebots können im Einzelfall dazu führen, dass es nur zu einer halbierten Sperrzeit von sechs statt zwölf Wochen kommt. Ein solcher Fall lag laut Gericht bei einem Schiffbauer vor, der nach zehn Jahren im September 1994 seinen Arbeitsplatz bei der Lloyd Werft verloren hatte. Vier Wochen nach der Arbeitslosmeldung beantragte der 28-Jährige beim Arbeitsamt eine Umschulung zum Hafenfacharbeiter für. bessere Arbeitschancen. Das Arbeitsamt hielt sie nicht für erforderlich und lehnte ab. Trotzdem ließ es den Arbeitslosengeld-Bezieher an einem Vorbereitungskurs teilnehmen, nachdem dieser sich schriftlich ausdrücklich bereit erklärt hatte, im Falle eines Arbeitsangebots den Kurs sofort abzubrechen.

Anlass für eine Sperrzeit sah die Arbeitsverwaltung dann Ende November 1994. Sie machte dem Mann einen Vorschlag für eine Tätigkeit als Schiffbauer. Dort rief dieser auch an. Beim Personalleiter gab der Arbeitslose als erstes an, eine Umschulung zu planen und an einem Vorbereitungskurs teilzunehmen. Er unterließ es aber darauf hinzuweisen, dass er den Kurs sofort abbrechen würde. Daraus zog die Firma den Schluss, dass der Bewerber kein Interesse habe, und teilte dies dem Arbeitsamt mit. Daraufhin wurde das Arbeitslosengeld für zwölf Wochen gesperrt: Der Empfänger habe das Zustandekommen einer Stelle vereitelt.

Sozialgericht und Landessozialgericht Bremen teilten im Prinzip diese Auffassung. Als Bezieher hätte der Mann stärker deutlich machen müssen, dass er vorrangig an einem Arbeitsplatz interessiert sei. Andererseits berücksichtigte das Gericht, dass die Veränderungswünsche nicht unvernünftig waren, dass er sich aktiv einsetzte und nur kurz Unterstützung bezog. Diese Punkte rechtfertigten laut Gericht zwar nicht die Ablehnung der Arbeit – wohl aber ließen sie eine Sperrzeit von vollen zwölf Wochen als zu hart erscheinen. (Az. L 5 AL 17/98)