Doppelagentin im Rüstungsdeal

■ Agnes Hürland-Büning wurde für ihre Beratung der Bremer Rüstungsfirma Bruker-Frantzens vom Verteidigungsministerium mit Insiderwissen versorgt

Am vergangenen Donnerstag platzte in dem Untersuchungsausschuss, der sich mit dem CDU-Parteispendenskandal befasst, eine Bombe: Die frühere parlamentarische Staatssekretärin im Verteidigungsministerium, Agnes Hürland-Büning, räumte ein, dass sie seit Jahren Geld von der Bremer Rüstungsfirma Bruker bekommt.

Dass die Staatssekretärin a.D. von Firmen, die erfolgreich um Rüstungs- und andere Aufträge mit der Kohl-geführten Bundesregierung verhandelten, Beraterhonorare in Höhe von 8,5 Millionen Mark kassiert hat, war in den letzten Monaten Scheibchenweise bekannt geworden. Das Engagement von Bruker kann vermutlich in der Höhe mit diesen Summen nicht konkurrieren, hat aber von der Sache her eine neue Qualität. Noch am 19. Oktober 1999 saß Frau Hürland-Büning in Bremen mit den Bruker-Leuten zusammen, mit dabei Ministerialdirektor Hans-Heinrich Weise, der Abteilungsleiter Rüstung aus dem Verteidigungsministerium. Es ging um eine lange Liste sensibler Rüstungs-Entwicklungen.

Das Berliner Verteidigungsministerium behauptet, Hürland-Büning habe nicht im Auftrag des Verteidigungsministeriums an dem Gespräch teilgenommen. Daraufhin fragte der SPD-Abgeordnete Friedhelm-Julius Beucher in der Sitzung des Untersuchungsausschusses, ob und wann und wieviel Geld Frau Hürland denn von der Firma Bruker bekommen habe. So genau wollte sie das nicht sagen, immerhin räumte sie ein, „regelmäßig“ von Bruker Geld bekommen zu haben. Und seit 1993.

Wenn das alles wäre, dann hätte Frau Hürland immerhin mit ihren Insider-Kenntnissen und Kontakten aus der Zeit als Staatssekretärin dem Unternehmen gedient. Es geht in dem Fall aber um mehr: Dem Stern liegt ein Schreiben des Oberregierungsrates Reichert aus der Rüstungsabteilung des Verteidigungsministeriums vor, das nur den Schluss zuläßt, dass Agnss Hürland auch aktuelle „Insiderkenntnisse“ bekommen hatte. Der hohe Beamte des Verteidigungsministeriums hatte das ihm unterstellte „Wehrwissenschaftliche Institut der Bundeswehr“ angewiesen, Frau Hürland für das Gespräch mit Bruker in Bremen mit internen Kenntnissen der Bundeswehr zu versorgen – angefügt war eine Liste von über 20 Gesprächsthemen. Da ging es um die Lieferung von Spürpanzern in die Vereinigten Emirate, um vertrauliche Nato-Projekte, um (von Bruker angebotene) Geräte für den „Fuchs“, mit denen radioaktive Verstrahlung gemessen werden kann. Und um die „Kampfwertsteigerung“ der Fuchs-Panzer in Saudi-Arabien, die angeblich nur zum Aufspüren von Chemiewaffen-Giften geliefert worden waren.

Wieviel Geld Frau Hürland von Bruker erhalten hat, wollte sie dem Untersuchungsausschuss nicht sagen. Eine Frau, die derart das Vertrauen des Verteidigungsministeriums genießt und damals auch aktives Mitglied in der Zukunfts-Kommission von Verteidigungsminister Scharping war (die Mitgliedschaft „ruht“ inzwischen), ist für ein interessiertes Rüstungsunternehmen sicherlich einiges wert.

Vom Thyssen-Konzern hatte Frau Hürland 8,5 Millionen Mark an „Beraterhonoraren“ bekommen (im Zusammenhang von E-Plus, der Privatisierung von Leuna und eines Bauprojektes Dreilinden). Die Berliner Parteispenden-Ermittler rätseln, wofür Hürland diese immensen Summen eigentlich erhalten hat – und wo das Geld blieb. Ihre Pension allein beläuft sich auf 13.000 Mark im Monat. Hürland-Büning hatte immer regen Kontakt zu den Schlüsselfiguren des CDU-Spendenskandals (Holzer, Pfahls). Der SPD-Abgeordnete Beucher möchte deshalb nicht ausschließen, dass Hürland „als Spendenwaschanlage“ funktioniert hat. „Ich habe verhältnismäßig zu dem, was ich gemacht habe, wenig gekriegt“, sagte Hürland den Abgeordneten auf die Frage, wofür sie das Geld erhalten habe. K.W.