NPD darf marschieren

Verwaltungsgericht genehmigt rechtextreme Demonstration in Hellersdorf. Zuvor lobte der Bundeskanzler das Gegenfest des PDS-Bürgermeisters und erntete Kritik von der CDU

von PHILIPP GESSLER

Die geplante Demonstration der NPD am 1.Mai in Hellersdorf kann stattfinden. Das Verwaltungsgericht hob ein von der Polizei verhängtes Verbot der rechtsextremen Kundgebung auf. Vorgestern hatte dagegen das gleiche Gericht das Verbot einer antifaschistischen Gegendemonstration bestätigt.

Nach Ansicht des Gerichts würde das Recht der NPD auf Demonstrationsfreiheit durch ein Verbot in unverhältnismäßiger Weise eingeschränkt. Der Präsident des Verwaltungsgerichts, Alexander Wichmann, verwies darauf, auch die Polizei glaube, dass es aus der Demonstration heraus nicht zu Störungen komme. Zudem sei die Argumentation, die Polizei verfüge nicht über genug Personal zum Schutz der Demonstration, nicht nachvollziehbar.

Das Verwaltungsgericht verhängte jedoch Auflagen für die NPD-Kundgebung: So dürfen die Rechten entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht durch den Bezirk marschieren, sondern müssen am geplanten Ausgangspunkt der Kundgebung, an U-Bahn-Station Louis-Lewin-Straße, bleiben.

Das Gericht sah sich zu dieser Entscheidung gezwungen, da die NPD im Gegensatz zur geplanten Gegendemo immer ihre Gewaltlosigkeit betont hatte. Dass nach der Entscheidung nun die Rechten demonstrieren dürfen, während es den Linken verwehrt ist, bezeichnete Gerichtspräsident Wichmann als „ärgerlich“. Die Antifaschisten hatten damit gedroht, nach ihrer Demo gegen die Rechten werde es „Blut auf dem Asphalt“ geben.

Die offenbar erwartete Entscheidung des Gerichts hatte gestern schon vor der Urteilsverkündung für Spannungen gesorgt. In einem Grußwort unterstützte Kanzler Gerhard Schröder (SPD) ein multikulturelles Fest in Hellersdorf, das vom PDS-Bürgermeister Uwe Klett organisiert worden war. Der CDU-Landesgeschäftsführer Matthias Wambach bemängelte dagegen, „statt verbaler Grußadressen an PDS-Bürgermeister sollte sich der Kanzler lieber um die Hauptstadtförderung kümmern“. Angesichts der befürchteten Randale wären mehr Polizisten „hilfreicher als Briefe zum 1. Mai“.

Der politische Streit nahm auch deshalb an Schärfe zu, da sich abzeichnete, dass das Deeskalationskonzept der Polizei für den 1. Mai scheitern wird: Selbst Sicherheitsbeamte und Senat gingen gestern davon aus, dass Krawalle zum Tage der Arbeit nicht zu verhindern sein werden.

Innensenator Eckart Werthebach (CDU) sagte, es gebe im Vergleich zu 1999 eine „zugespitztere Situation“. Polizeipräsident Hagen Saberschinsky bezeichnete die Sicherheitslage als „sehr schwierig“. Insgesamt 6.400 Beamte sollen deshalb in der Hauptstadt für Ruhe sorgen, 2.400 werden von BGS-Einheiten und von anderen Bundesländern kommen. Sie sollen in ganz Berlin 65 Veranstaltungen und Demonstrationen schützen. Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert ging schon vor der Gerichtsentscheidung davon aus, dass Hellersdorf ein Brennpunkt der Polizeipräsenz sein müsse: Allein 2.000 Beamte sollen dort eingesetzt werden. Piestert erklärte, noch niemals zuvor in der Geschichte der schon traditionellen 1.-Mai-Demos in der Hauptstadt hätten Linksextremisten so unverhohlen mit Gewalt gedroht.