Schulversuch „ife“ wird abgewickelt

■ Der Schulversuch „Institut für Erwachsenenbildung“ wird beendet / Für rund 50 Menschen pro Jahr gibt es dann keine Möglichkeit mehr, das Abitur außerhalb der normalen Schule nachzuholen

Nach 14 Jahren der Existenz sind die Tage für das „Institut für Erwachsenenbildung“ (ife) nun gezählt. Die Koalitionäre von CDU und SPD werden am Donnerstag in der Bildungsdeputation beschließen, den Schulversuch zum Frühjahr 2002 auslaufen zu lassen. Im ife können Erwachsene ihr Abitur nachholen – auch wenn sie „unübliche“ Brüche in ihrem Lebenslauf zu verzeichnen haben, von psychischen Problemen über Schwangerschaft bis hin zur jahrelangen Ziellosigkeit. Zwei Schulklassen haben ihre Abiturprüfung hinter sich, vier weitere werden noch unterrichtet.

Wenn der Schulversuch abgeschafft wird, hätten schätzungsweise 50 BremerInnen pro Jahr nicht mehr die Möglichkeit, ihr Abitur nachzuholen: Das ife nimmt auch Personen auf, die keine abgeschlossene Berufsausbildung oder drei Jahre Berufstätigkeit nachweisen können. In der einzigen anderen staatlichen Einrichtung, die SchulabbrecherInnen doch noch zum Abitur führt, der „Erwachsenenschule Bremen“ (EWS), ist dies aber Aufnahme-Voraussetzung. Früher konnten Menschen mit Brüchen in der Biografie das Abitur auch an der Volkshochschule nachholen – 1997 aber wurde von der großen Koalition diese Möglichkeit abgeschafft.

„Die Bildungsbürokratie hat nur noch die normalen RegelschülerInnen im Kopf“, empört sich der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Helmut Zachau. Schüler, die auf Grund ihrer Persönlichkeit nicht in dieses Bild passen „werden abgeschrieben“. Welchen Weg die Bildungsbehörde für diese Personengruppe gehen wolle, sei undurchsichtig.

Das ife existierte seit 1986 als Privatschule. 1996 wurde es als Abteilung 4 in die „Erwachsenenschule Bremen“ eingegliedert und wurde zum Schulversuch. Damit bekamen die Schüler Anrecht auf elternunabhängiges Schülerbafög. Die Zusammenlegung mit der EWS war von beiden Seiten nicht gewollt – doch die Behörde setzte sich durch. Obwohl man im gleichen Gebäude am Doventorscontrescarpe sitzt, haben die 100 SchülerInnen des ife wenig mit den 400 Abi-NachholerInnen der EWS zu tun – die Konzepte sind zu unterschiedlich.

Innerhalb von drei Jahren werden SchülerInnen des ife zum Abitur geführt. Die Selbstverwaltung durch Schüler und Lehrer in Lehr- und Lernfragen ist zentraler Bestandteil des Schulalltags – nicht nur aus politischer Überzeugung, sondern auch als pädagogisches Konzept.

Die Behörde, die den Vorschlag zur Schließung machte, ist der Meinung, der Schulversuch mit Selbstverwaltung habe sich „nicht bewährt“. Am ife blieben die SchülerInnen zu oft sitzen, Erfahrungen aus dem Schulversuch könnten für die EWS nicht genutzt werden. Hauptargument ist: Am EWS würden fast doppelt so viele Schüler wie beim ife das Abitur schaffen.

In einem Brief an Bildungssenator Willi Lemke (SPD) kontert ife-Leiter Heimo Schulte die Vorwürfe. „Nach unseren Berechnungen hat das Kolleg im Durchschnitt der vorliegenden Jahrgänge einen Erfolgsquotienten von 45 Prozent und das ife einen von 35 Prozent. Das ist zugegeben besser, aber weit entfernt von den immer wieder behaupteten 65 Prozent.“ In seinen Augen soll mit dem Ende des Schulversuchs schlicht Personal gespart und ein „missliebiger Schulversuch“ losgeworden werden.

Schulte schlägt nun vor, den Schulversuch erst einmal bis 2001/2002 weiterlaufen zu lassen. Dann solle eine endgültige Bewertung des Versuchs vorgenommen werden. Eine solche Lösung ist wenig wahrscheinlich. In der Regel stimmt die Behörde Deputationsvorschläge vorher mit den Bürgerschaftsabgeordneten von SPD und CDU ab. Damit ist die Schließung eigentlich schon besiegelt.

Christoph Dowe