: Mit Basecaps für Deeskalation
Bei der 1.-Mai-Demo am Nachmittag in Kreuzberg kamen die Diskussionseinheiten der Polizei zum Einsatz. Doch der Aufzug der maoistischen RIM und der TKP/ML verlief ohnehin friedlich. Knapp 2.000 Teilnehmer
Ein massives Polizeiaufgebot begleitete gestern Nachmittag die erste der beiden Revolutionären 1.-Mai-Demonstrationen. Dennoch zog die Demonstration der maoistischen RIM und der TKP/ML mit knapp 2.000 TeilnehmerInnen in entspannter Atmosphäre durch Kreuzberg und Neukölln. Die deutschen und türkischen Teilnehmer protestierten „gegen weltweite Ausbeutung und Unterdrückung“. Die Polizeibeamten – überwiegend Kräfte aus Baden-Württemberg und Bayern – hielten sich im Hintergrund. Sie fuhren mit zahlreichen Mannschaftswagen vor und hinter dem Demonstrationszug her, den Zug selbst begleiteten lediglich 40 PolizistInnen des Deeskalationsteams. Die Beamten, die schwarze Basecaps mit dem gelben Schriftzug „Polizei“ trugen, waren seit Februar eigens in Seminaren für den Einsatz geschult worden. Sie sollten das Gespräch mit den Demonstranten suchen – vor allem mit so genannten erlebnisorientieren Jugendlichen, um sie von Randale abzuhalten.
Schon vor der Auftaktkundgebung am Oranienplatz sprachen die BeamtInnen, die sich für diesen Dienst freiwillig gemeldet hatten, junge Leute an. Ein 23-jähriger Polizist erhoffte sich von den persönlichen Gesprächen, dass die Hemmschwelle steige, Polizisten mit Steinen oder Brandsätzen zu bewerfen.
Doch nicht alle reagierten positiv auf die Diskussionsbereitschaft der Beamten. Ein Demonstrant hielt zwei jungen Frauen, die sich mit zwei Polizisten unterhielten, vor: „Wieso redet ihr überhaupt mit denen?“ Eine der Frauen fand die Gesprächsbereitschaft zwar gut, blieb aber skeptisch: „Was nützt das, wenn die hier mit uns reden, und zwei Straßen weiter stehen ihre Kollegen in Kampfanzügen?“
Auch der Kreuzberger Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Bündnis90/Grüne) hält das Deeskalationskonzept AHA vor allem für eine PR-Kampagne der Polizei. „Ich habe nicht den Eindruck, dass das greift“, sagte er am Rande der Demonstration. Es reiche nicht, ein paar Wochen vor dem 1. Mai die Diskussion mit Jugendlichen zu suchen. So ein „diskursiver Prozess“ dauere länger. Auch die Beamten räumten ein, dass es besser wäre, nicht nur vor dem 1. Mai, sondern das ganze Jahr über die Diskussion mit Jugendlichen in Schulen und Freizeitklubs zu führen.
Doch als größter Feind der Polizei erwiesen sich gestern nicht die Jugendlichen, sondern die sommerliche Hitze. Die Beamten schwitzten mächtig unter ihren Schutzwesten und Plastikarmschützern. DOROTHEE WINDEN
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