Auch Hamburg ist jetzt abgehakt

Ohne Nervenflattern verfolgt Bayer Leverkusen seinen Weg zur deutschen Fußball-Meisterschaft undräumt unbeirrt auch den HSV mittels eines glanzlosen, aber effizient herausgespielten 2:0 beiseite

HAMBURG taz ■ In der 19. Minute schoss Zé Roberto das erste Tor für die Gästemannschaft, in der 30. erzielte Jens Nowotny nach einem Konter den zweiten Treffer. 60 Minuten später pfiff Schiedsrichter Lutz Wagner die Partie Hamburger SV gegen Bayer 04 Leverkusen ab.

Viel mehr passierte am Sonntagabend im Volksparkstadion nicht. Auch wenn manche meinten, da sei noch die eine oder andere Torgelegenheit für die Rheinländer gewesen: Sie müssen sich verguckt haben. Nach der 2:0-Führung wollte das Werksteam eigentlich kein Tor mehr erzielen, und die Hanseaten waren während der gesamten Spielzeit nicht fähig, auch nur eine zwingende Möglichkeit herauszuspielen. So einfach hatten es sich die Leverkusener nicht vorgestellt, zehn Tage nach ihrer Galavorstellung bei Werder Bremen beim zweiten Nordklub zu gewinnen und ihr Dreipunktepolster gegenüber den Bayern zu verteidigen.

Auch ohne Spielmacher Emerson zeigten sie, dass sie zu Recht ganz oben stehen. Sie bewiesen darüber hinaus, dass sie von den Münchner Bayern gelernt haben, und kopierten deren Taktik perfekt. Im Mittelfeld überlegen den Ball kontrollieren, dann schnell nach vorne spielen und schließlich ein Tor erzielen. Ansonsten kann man es eher ruhig angehen lassen und tut nicht mehr als unbedingt nötig. Die Defensive lässt die gegnerischen Stürmer nicht zum Zuge kommen, im Mittelfeld wird der Ball gehalten, und alles beginnt wieder von vorn. So ähnlich empfand es auch Hamburgs Libero Nico Hoogma: „Wenn du im Angriff bist, findest du niemand zum Anspielen, und wenn die den Ball haben, kommst du nicht dran.“ So gewinnt man Spiele und wird Deutscher Meister. Das weiß auch Manager Reiner Calmund: „Zuerst haben wir Bremen abgehakt, dann haben wir Hamburg abgehakt, und jetzt konzentrieren wir uns auf Eintracht Frankfurt.“

Allerdings muss Trainer Christoph Daum seine Mannschaft am kommenden Samstag gehörig umstellen, sind doch mit Carsten Ramelow, Boris Zivkovic und Zé Roberto gleich drei Spieler wegen der fünften Gelben Karte gesperrt. Der Brasilianer stellte sich besonders dämlich an: Nach einem Konter lief er allein auf Torhüter Jörg Butt zu, umspielte ihn, ließ sich fallen und wurde verwarnt. Er sei vor Schwäche umgefallen, wollte Trainer Christoph Daum nicht an eine Schwalbe glauben, sah aber ein, dass es im Fußball doch Gerechtigkeit gibt: „In der zweiten Halbzeit habe ich nicht mehr so viel geschimpft. Da hat der Schiedsrichter gesehen, der Daum ist in Ordnung und hat dem HSV auch Gelbe Karten gezeigt.“

Oder die Gelb-Rote. Dämlicher als Zé Roberto war nämlich nur noch Bernd Hollerbach. Zunächst trat der Hamburger seinem Gegenspieler an den Kopf, zwei Minuten später riss er ihn einfach um, als er dem Franken im Weg war. Konsequenterweise verwies ihn Wagner für diese Tölpeleien des Platzes. Das war aber noch das Kämpferischste, was der HSV zustande brachte.

Am meisten stemmten sich die Fans gegen die Niederlage. Mit dem Sprechchor „Arschloch, Wichser, Hurensohn“ bedachten sie Torhüter Adam Matysek bei jedem seiner Abschläge. Christoph Daum bezichtigten sie mit all ihrer zur Verfügung stehenden Wortgewalt der Homosexualität. So wollte es im Ernst auch niemand glauben, als der Trainer nach Spielschluss ausgerechnet „die tollen Fans hier in Hamburg“ lobte. Letztlich dürfte es ihm aber egal gewesen sein. Wichtiger war, der bayerischen Konkurrenz signalisiert zu haben, dass sich seine Mannschaft keinen Ausrutscher mehr erlauben wird: „Wir gehen unseren Weg. Da muss jetzt keiner von wegen unseren Nerven oder so einem Driss kommen.“

Die Lockerheit des Coaches färbt auch auf die Spieler ab. „Die psychologische Kriegsführung der Bayern interessiert uns nicht, wir haben zur Zeit einen Lauf. In zwei Wochen haben wir die Meisterschale in der Hand“, konstatierte Abwehrspieler Torben Hoffmann – allerdings nicht ohne ein „hoffentlich“ hinterher zu schieben. EBERHARD SPOHD

Hamburger SV: Butt – Hertzsch (81. Groth), Hoogma, Panadic – Fischer, Gravesen, Niko Kovac, Hollerbach – Mahdavikia, Uysal (73. Spörl), Präger (86. Doll)Bayer Leverkusen: Matysek – Zivkovic, Nowotny, Robert Kovac – Ballack, Schneider, Ramelow, Zé Roberto – Neuville (84. Hoffmann), Kirsten (73. Ponte), Rink (89. Brdaric)Zuschauer: 53.500; Tore: 0:1 Ze Roberto (19.), 0:2 Nowotny (30.) Gelb-Rote Karte: Hollerbach wegen wiederholten Foulspiels (54.)