Hartes Plädoyer gegen Microsoft

US-Staatsanwaltschaft mit Kartellantrag. EU-Kommission behält Software-Riesen im Auge

BERLIN taz ■ Nach ersten Gerüchten in der vergangenen Woche ist es nun amtlich: Der weltgrößte Software-Konzern, Microsoft, soll nach dem Willen der US-Regierung in zwei getrennte Unternehmen zerteilt werden. Diesen Vorschlag legte am Freitag nach Börsenschluss das Justizministerium vor. Er ist sozusagen das Plädoyer in einem Verfahren der US-Bundesregierung und 19 Einzelstaaten, das seit Oktober 1997 läuft.

Microsoft wird vorgeworfen, seine beherrschende Stellung bei Betriebssystemen für Personal Computer unerlaubterweise auch zur Verkaufsförderung seiner restlichen Software – diversen Anwenderprogrammen wie zum Beispiel Word, Excel oder Internet Explorer – missbraucht zu haben. Die Sparte Betriebssysteme soll nun von den Anwenderprogrammen abgespalten werden. Microsoft muss dazu abermals vor Gericht gehört werden, die Regierung kann erwidern. Der zuständige Bundesrichter Thomas P. Jackson wird dann eventuell im Sommer entscheiden. Es handelt sich aber um die erste Instanz; Microsoft hat schon Berufung angekündigt.

Was eine Teilung wirklich bewirken würde, darüber gibt es weit auseinander laufende Vermutungen. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft erwartet ein großer Teil der Software-Entwickler nicht viel von einer solchen Maßnahme. Ob nun ein Konzern Microsoft oder zwei Riesen Microsoft I und II – sie bleiben auf ihren Gebieten Monopolisten oder zumindest sehr starke Konkurrenten mit überwältigenden Marktanteilen und unvergleichlich großen Kriegskassen. „Microsoft ist der Ozean“, wird der Chef einer Softwarefirma in der New York Times zitiert. „Selbst wenn er in Pazifik und Atlantik getrennt wird, muss ich doch weiter in ihm schwimmen.“

Mit Microsoft-Windows konkurrierende Betriebssysteme wie Linux könnten von der Teilung gestärkt werden, so die Hoffnung. Denn die künftige Microsoft-Programmsparte wäre nun nicht mehr mit dem Betriebssystem Windows in einer Firma. Word und Excel für die wachsende Linux-Gemeinde sollten dann auf den Markt kommen, so die Überlegungen, Anwenderprogramme würden nicht mehr untrennbar mit dem Windows-Betriebssystem verbunden sein.

Ob das eintritt, ist noch unklar. Viele Software-Entwickler sehen die Dominanz der Personal Computer in der Informationsindustrie ohnehin gebrochen. Die heißen Gebiete sind derzeit der Ausbau der Datennetzstruktur, World Wide Web oder E-Commerce-Anwendungen für verschiedenste Industriezweige. Auch hier hat Microsoft einen Fuß in der Tür – schließlich hat es einige der dort häufig verwendeten Programmiersprachen für Software-Schreiber unter seinen Fittichen. Und solches Know-how wird von dem Richterspruch überhaupt nicht berührt.

Die EU-Kommission in Brüssel will das US-Verfahren interessiert beobachten. Wettbewerbskommissar Mario Monti hat vor zwei Monaten ebenfalls eine Untersuchung gegen Microsoft eröffnet – wegen des Marketings des neuen Windows 2000 und eventuellen Missbrauchs der beherrschenden Marktposition. Derzeit wertet sein Büro die Antworten der Firma auf einen Fragekatalog aus. REINER METZGER