Brutpflege in Salmler-Scene

■ Organisierte Zierfischfreunde und der Futtermittel-Produzent Vitakraft kümmern sich um den Nachwuchs / „Jugendpreis Forschung 2001“ soll Engagement wecken

Der „Zierfischclub Bremen“ hat hundert Mitglieder und einen Vorsitzenden, der Hirsch heißt, Vorname Hans. Herr Hirsch, der etwa zwölf Aquarien besitzt und gern Familienfotos macht (“Brutpflege“), arbeitet hauptberuflich bei Vitakraft in Bremen. Das Unternehmen (“Mit Liebe füttern“) ist zwar hauptsächlich auf dem Sektor Hund & Katze aktiv, kümmert sich jedoch auch um die Lieblinge von Herrn Hirsch (113 Millionen Umsatz jährlich).

Und so findet alles zusammen: Vitakraft und die Dachorganisation aller Zierfischfreunde, der „Verband deutscher Vereine für Aquarien- und Terrarienkunde e.V“ (VDA, 27.000 Mitglieder) schreiben einen nationalen Preis aus, eine Art „Jugend forscht“ der Salmler-Szene. Es winken Preise von insgesamt 3.500 Mark, olympische Gefühle und kleine Anerkennungen – gut informierte Kreise sprechen von Fischfutter und Algen-Ex.

Die Teilnehmer im Alter von bis zu 18 Jahren sollen ein Thema aus der Aquaristik oder der Terraristik erforschen und auf diesem Wege wissenschaftliches Engangement entwickeln. Früher Vogel fängt den Wurm, fällt einem dazu ein, auch wenn Ornithologen nicht zugelassen sind: Schließlich hat bereits der Bremer Neurobiologe Andreas (“Affen“) Kreiter seine akademische Laufbahn als Adoleszent eingestielt: Er kümmerte sich um die Tagesrhythmik des Dipsosaurus dorsalis, genannt Wüstenleguan. Anfang der 80er Jahre belegte er mit seinem Beitrag den vierten Rang im Bundeswettwerb Jugend forscht.

Die Auslober des „Jugendpreises Forschung 2001“, der laut Vitakraft-Sprecherin Ulrike Kammler 1998/99 bereits „innovative Techniken im Meerwasserbereich“ zeitigte, schreiben sich nun Jugendförderung auf ihre Fahnen. Das Problem: Die Jugendlichen scheinen heuer nicht mehr so fischverliebt zu sein wie früher. Ulrike Kammler sieht die Teens vor dem Fernseher hocken und fürchtet „Entfremdung von der Natur“.

Der eingangs erwähnte Herr Hirsch macht den Computer für das Debakel verantwortlich, sieht aber auch strukturelle Probleme: „Viele Jugendlichen fühlen sich nicht so zum Aquarium hingezogen. Sie sind nicht so gestresst.“ Der typische Aquarianer sei zwischen 40 und 50 Jahre alt, sekundiert VDA-Aktivist Hans Stiller. Die Folge: Im Bremer Zierfischclub beispielsweise, dessen Mitglieder sich auch mit Wasserpflanzen beschäftigen, gibt es nur sechs oder sieben ältere Jugendliche.

Möglicherweise hat der Aquarianer-Nachwuchs auch einfach keine Lust, sich vereinsmäßig zu organisieren und verbringt klammheimlich seine Jugend mit der Pflege lebendgebärender Zahnkarpfen. Immerhin soll es drei Millionen Aquarien in der Bundesrepublik geben; die Zahl der Terrarien liegt vollkommen im Dunkeln. Wie viele heranwachsende Fisch- und Echsenfreunde wirklich existieren, ist ein ungelöstes Problem.

Deswegen unser Aufruf: Aquarianer! Terrarianer! Macht mit beim „Jugendpreis Forschung 2001“! Zeigt, wie viele ihr wirklich seid! Es zählen Fachrecherche, eigene Beobachtungen, Versuchsaufbau und fachliche Darstellung – das kann nie schaden. Ernährung, Tierschutz, Nachzucht und Verhalten sind einige der möglichen Themen.

Auf dem VDA-Bundeskongress in Bayreuth ist Startschuss für die Anmeldung; Teilnahmeunterlagen gibt es ab dem 8. Mai in der VDA-Geschäftsstelle, z. Hd. Hans Stiller, Luxemburger Straße 16, 44789 Bochum, Tel. 0234/381650. Anmeldeschluss ist der 30. November .

hase