Genmais-Diner aus dem Überraschungspäckchen

Statt Schokohasen gibt’s zu Ostern Genkekse oder ein Zeitschriften-Abo mit freundlicher Unterstützung von Monsanto und Novartis

BERLIN taz ■ Orangefarbene Postkarte im Briefkasten: ein Päckchen! Wolfgang Kaspari vermutet eine verspätete Ostersendung. Seine Stimmung trübt sich jedoch, als ihm die Postbeamtin mitteilt, die Sendung (Absender: conversa, Schwörstadt) sei unfrankiert aufgegeben worden und damit nachportopflichtig. Kaspari zögert kurz, da ihm der Absender nichts sagt. Dann zahlt er 6,90 Mark und nimmt das Päckchen an sich.

Zu Hause öffnet der Familienvater den Karton gemeinsam mit seiner Frau. Im Beibrief lesen die beiden: „Lieber Genetic-Diner-Gast! Sie hatten uns bei Ihrer Teilnahme am Genetic-Diner-Online-Quiz viele Zutaten angegeben ... nun steht es auf Ihrem Tisch: das Genetic-Diner-Quizmenü.“ Reichlich eingepackt finden sich außerdem ein T-Shirt mit der Aufschrift „Genetic Diner“ und zehn Packungen „Genetic Cookies mit gentechnisch verbessertem Mais“. Der Aufdruck lädt ein: „Testen Sie, was in Gentechnik steckt.“ Die Eltern schaudert es. Kekse und T-Shirt werden sofort vor den Kindern in Sicherheit gebracht.

Nie hatten sie an einem Gewinnspiel teilgenommen, erst recht nicht über Gentechnik. Wie kommt der Versender an ihre Essener Adresse? Und wer ist das überhaupt? Keine Kontaktadresse oder Telefonnummer weist auf den Auftraggeber hin. Über zahlreiche Telefonate findet Kaspari schließlich heraus, dass das Päckchen ein Preis für die Teilnahme an einem Online-Gewinnspiel ist, bei dem Kenntnisse zur Gentechnik abgefragt wurden – und zwar auf der Webseite www.geneticdiner.de.

Dahinter stehen die Firmen Novartis, AgrEvo, Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) und Monsanto – also Deutschlands vereinigte Genindustrie samt Lobbyverband. Seit zweieinhalb Jahren versuchen sie, unter dem Logo „Genetic Diner“ die Akzeptenz für Gentechnik in der Öffentlichkeit zu erhöhen: Sie streuen breit und ungefragt Informationen und reden die Naturnähe der Genforschung herbei.

Der Name „Genetic Diner“ – genetisches Menü – sei „Geschmackssache“, gibt Novartis-Sprecher Christian Schmid-Egger zu. Die Kasparis, deren Geschmack offensichtlich nicht getroffen wurde, können trotz des Ärgers von Glück reden. Denn wären sie zu einem der Hauptgewinner des Preisausschreibens erkoren worden, hätten sie ein Abonnement gewonnen – für die Zeitschrift Natur & Kosmos. Mit freundlicher Unterstützung von Novartis, AgrEvo und Monsanto.

ANTJE HEINRICH