Von A bis Soul

Der solide Seelencrooner Montell Jordan und der Funkateer Brian McKnight erstmals in Hamburg  ■ Von Oliver Rohlf

Zuweilen reicht das Spektrum von Pop nicht von A bis Z, sondern bleibt auf halbem Weg bei S stecken. Für Montell Jordan zumindest dreht sich die Magie seiner Musik um die neue Buchstaben-Mitte. Das samtene „S“ hat es dem athletischen R&B-Mann aus den amerikanischen Black-Music-Charts angetan. Soul, Sex und zuweilen auch Songwriting, damit umkreist der New Jack Swinger sein stilistisches Spektrum. Und wahrscheinlich würde er hinter all dem noch ein „Yo!“ ablassen, weil es nämlich stimmt, dass er, der Jordan der Noten, den Schlüssel zu dem, was wirklich wichtig ist, besitzt. Da wären zum einen die Ladies in Körper und Geist, zum anderen der slicke Song, den es um die Pracht der göttlichen Schöpfung zu umgarnen gilt. Wem das gelingt, der darf damit auch reich werden und entsprechend wüst in Designerbrillen, Armani-Anzügen und Angeber-Zigarren herumposen.

Montell Jordan ist mittlerweile schon seit drei Alben unterwegs, dem Soul einen milden Namen zu geben und sich gleichermaßen zu einem Schwergewicht der Szene zu adeln. „This Is How We Do It“ oder „Somethin' 4 Da Honeyz“ hießen seine gut abgehangenen Mellow-Maker der Mittneunziger, in denen sich liebestolle Becken-Beats und der heilige „Summer Madness“-Sample von Kool & The Gang die Wangen wund küssten. Und wie es sich für einen soliden Seelen-Crooner gehört, sang er, während andere rappten und verortete seine Künste stets in der stimmlichen Nähe zu den wirklich Großen jener Welt: Al Green, Marvin Gaye oder, wenn die Melodien in Laken gebettet werden sollten, die Isley Brothers. Das sollte eigentlich Roots-Soulern wie D'Angelo vorbehalten sein, fühlt sich aber gut an und ist gängige Geschäftspraxis.

Für seine aktuellen Hitsingles „Once Upon A Time“ und „Get It On Tonite“ hingegen hat Jordan voll auf die angesagte Latin-Flair-Nummer gesetzt und den kommenden Sommer vorab in Rillen gepresst. Und dieser Chart-Erfolg wird die Strategen um Jordan auch veranlasst haben, den Swing-Beat-Star erstmalig auf Deutschlandtour zu schicken. Denn eigentlich wird der deutsche Markt für dieses Genre eher nebenbei mitverhandelt, sind anhaltende Charterfolge a la R. Kelly selten und Konzertreisen spärlich, weil unrentabel für alle. Da hilft es auch wenig, dass das Album zu den Hits, das immerhin auf Def Jam erschienen ist, mit einer praktischen Gebrauchsanweisung daherkommt: Der erste Teil ist „for those who like ist fast“, die Schunkler dann „for those who need it slow“.

Dass dieses Event aber auf jeden Fall funktionieren wird, darf sich getrost der andere Star des Abends, Brian McKnight, auf die Fahne schreiben. Ein Mann des Zwiespalts: Der Lovesongssinger aus Buffalo musiziert zum einen so galant und federleicht, als verbrächte er sein Leben auf Zehenspitzen. Zum anderen bekennt sich Brian McKnight als gewagter Crossover-Künstler unter den Profi-Funketeers. Neben Stevie Wonder und Prince nennt der 31-jährige auch Michael Sembelo als Referenz. Sembelo war – wir erinnern uns nur ungerne – der bärtige Komponist und Sänger des unsäglichen Flashdance-Klopfers „Maniac“. Und ausgerechnet den gibt Brian McKnight, der Feinsinnige, als stilistische Nenngröße an.

Ist der erste Schock ein wenig verdaut, verwandelt sich der offensichtliche Schrecken in ein Streben nach globaler Größe. Es gibt nicht wenige Soul-Musiker, für die die wahre Akzeptanz dort beginnt, wo Black Music die Pforten zum Mainstream-Pop auftritt und Erfolg mehr als eine Sache der reinen Zahlen darstellt. So gesehen, ist Brian McKnights Welt um einiges größer als die funky Vierzimmerwohnung von Montel Jordan. Besser klingen sie deswegen noch lange nicht.

Mi, 10. Mai, 20 Uhr, Docks