Ist das noch Jazz?

Alte Recken und junge Hüpfer, zarte Töne und brachiale Klänge: das „JazzPort Festival“  ■ Von Volker Peschel.

James Brown, der „Godfather of Soul“, betritt Hamburger Boden und dürfte der wohl hochkarätigste Gast beim diesjährigen Festival im weißen Zelt vor den Deichtorhallen sein. Nach der Trennung von Sponsor West wieder JazzPort benannt, locken an neun Abenden im Juli ehrwürdige Größen und junge Hamburger Bands, klassischer Jazz, Dancefloor, Ethno- und Latin-Music, aber auch Funk und Rock sind vetreten. Ein wenig mehr auf den im Titel geführten Jazz hat sich der Veranstalter besonnen, nachdem das letztjährige Programm eine zwar interessante, doch konzeptfreie Zusammenstellung von Musikern bot.

In diesem Jahr werden wenigs-tens einige Schwerpunkte gesetzt. Als Zugpferde dienen wieder die großen Namen: Wohl unvermeidlich steht George Benson erneut auf dem Programm. Der alte Schwerenöter Tony Bennett versuchte bereits die MTV-Kids von seinen Entertainment-Qualitäten zu überzeugen und trat mit den Red Hot Chili Peppers auf. Zur Eröffnung des JazzPort kommt er jedoch mit der kanadischen Sängerin und Pianistin Diana Krall. Einige Projekte werden sich beim Festival austoben: Das Frevo Carnival Orchestra feiert mit einer ganzen Litanei von Gastmusikern „The Power of Brazil“. Hochkarätige Jazzer sammelt Drum-Legende Billy Cobham mit dem London Jazzorchestra um sich.

Doch das Late-Night-Programm wendet sich wieder ab von den jazzigen Tönen. Der tätowierte Muskelhaufen Henry Rollins stampft über die Zeltbühne, die Funk-Rapper von Blackalicious spielen vor Me'Shell Ndegeocello. Bei „Pics and Sounds“ improvisieren die Stereo MCs und das Hamburger Fat Back Soundsystem mit Dancefloor-Klängen zu kanadischen und europäischen Kurzfilmen.

Viel kritisiert wurden Konzept und Programm des JazzPort in den vergangenen Jahren. Zu wenig Jazz, zu hoch die Preise, zu willkürlich die Zusammenstellung. Konzerte wurden kurzfristig und lapidar mit einem Zettel am Zelteingang abgesagt. Doch was bietet dieses Jahr? Nicht viel reinen Jazz, abgesehen von den Allstars rund um Cobham.

Dies sei auch nicht die Absicht des Festivals, betont Thomas Ebinal vom Veranstalter „Jazz and More“. Musik-Stile sollen zusammenfinden, Berührungsängste zwischen einem elitären Jazz-Verständnis und vermeintlicher Popkultur abgebaut werden. „Wir wollen jeden Abend ein anderes Publikum ansprechen.“ Eine Idee, die immer noch ein wenig hinkt, denn das Bedürfnis nach einer Erweiterung des eigenen musikalischen Horizonts scheint nicht allzu groß zu sein. Schließlich bleibt es ein Kunststück, Garbage in Hamburg in einem halb leeren Zelt spielen zu lassen. Und auch in diesem Sommer ist es fraglich, wer den Ausflug von Tony Bennett zur Rollins Band mitmachen möchte.

Muss ja auch niemand. Zu lang sind die Pausen zwischen Haupt- und Nachtkonzert ohnehin, um einen langen musikalischen Abend zu genießen. Ein Blick hingegen lohnt sich auf die kleineren Auftritte im Vorprogramm: Die kleine Sandy Dillon aus London lässt Tom Waits fast vergessen. Die junge Hamburger Band Groove Galaxi, die mit ihren Hammondorgeln bereits im Mojo begeisterte Tänzer fand oder Nils Petter Molvaer, der sich mit „Khmer“ die Dance-Clubs erspielte.

Die weitere Zukunft des Festivals in den weiteren Jahren wird laut „Jazz and More“ sicherlich den Latino-Trommeln gehören. Salsa- und Latinklänge sollen ein musikalisch hochkarätige Alternative zur Jazz-Fraktion bieten.