Atomgespräche stocken

Erstes Treffen nach Osterpause ohne Fortschritte: Laufzeiten weiter strittig

HANNOVER taz ■ Die Konsensverhandlungen zwischen Bundesregierung und Atomindustrie schleppen sich gegenteiligen Ankündigungen zum Trotz erneut hin. Nach Angaben des Umweltministeriums hat es auch am Dienstagabend bei dem Gespräch der Staatssekretärsrunde mit Vertretern der vier großen Energiekonzerne keine substanziellen Fortschritte gegeben. Vor allem strittig sind weiterhin die Berechnung und Festlegung der Restlaufzeit der 19 AKWs. Immerhin wird die Verhandlunsgruppe bereits heute Abend erneut tagen. Umweltminister Jürgen Trittin hatte schon vor der letzten Runde von einer baldigen Entscheidung bei den Konsensverhandlungen gesprochen und dabei allerdings ein Scheitern weiterhin nicht ausgeschlossen.

Wie gestern aus dem Bundesumweltministerium verlautete, ist ein Hindernis für eine Einigung weiter die Forderung der RWE, das kaum gelaufene AKW Mühlheim-Kärlich bei der Berechnung der Strommenge einzubeziehen, die die Atommeiler eines Betreibers noch produzieren dürfen. Auch ansonsten soll die Berechnungsgrundlage für diese Strommenge, die aus einer 30-jährigen Gesamtlaufzeit für jedes AKW abzuleiten ist, keineswegs geklärt sein. Offenbar stehen hier in der Verhandlungsgruppe komplizierte Modelle zur Debatte, die nicht einfach die bisherige durchschnittliche Stromproduktion der AKWs zugrunde legen. Hier könnte die Regierung den Betreibern auf mathematischem Wege Gefälligkeiten zukommen lassen, ohne in der Öffentlichkeit ein Überschreiten der Höchstlaufzeit von 30 Jahren einzugestehen. Die Vorsitzende der grünen Landtagsfraktion in Niedersachsen, Rebecca Harms, kritisierte einen „angesichts der schwierigen Fragen sehr unzulänglichen Informationsfluss“.

Bei der Atommüllentsorgung scheint es zwischen der Berliner Regierung und den Stromkonzernen zurzeit keine unüberwindlichen Klippen zu geben. Die niedersächsischen Grünen gehen inzwischen davon aus, dass eine Einigung nicht nur zu einer Genehmigung der Pilotkonditionierungsanlage Gorleben, sondern auch des Endlagers Schacht Konrad führen wird.

„Bei Schacht Konrad ist nichts mehr zu machen“, sagte vor einigen Tagen die Landesvorsitzende Heidi Tischmann, nachdem der gesamte neunköpfige Grünen-Ortsverein der bei Salzgitter gelegenen Gemeinde Vechelde der Partei den Rücken gekehrt hatte. Allerdings soll die Genehmigung des Endlagers offenbar nicht für sofort vollziehbar erklärt werden. Klagen gegen die Genehmigung hätten dann aufschiebende Wirkung. Auf diesem Wege könnte die endgültige Entscheidung über einen Ausbau noch eine Weile offen gehalten werden.

Für Gorleben erwartet die Grünen-Politikerin Harms dagegen ein Moratorium, während dem alternative Standorte geprüft werden können. JÜRGEN VOGES