Bahn AG schlampte

Großprojekte der Bahn werden 4,5 Milliarden Mark teurer als geplant. Das gefährdet nun andere Investitionen des Unternehmens

BERLIN taz/dpa ■ Schlampereien und Missmanagement der ehemaligen Verantwortlichen sind nach einer internen Studie der Grund für weitere Kosten bei der Deutschen Bahn. Vor allem die Großprojekte verteuern sich um mindestens 4,5 Milliarden Mark: Der Bau des Bahnknotenpunktes Berlin könnte sich um bis zu 1,8 Milliarden Mark verteuern. Die Ausgaben für die neue ICE-Strecke Frankfurt–Köln erhöhen sich gar um 2,7 Milliarden Mark. Auf Nachfrage bestätigte gestern die Bahn einen entsprechenden Bericht der Süddeutschen Zeitung.

Das Gutachten ergab gravierende fachliche Mängel beim Bahnmanagement: So wurden geologische Gutachten über schwierige Bodenverhältnisse ignoriert, Bauaufträge vor Abschluss von Planfeststellungsverfahren vergeben und „schlampige Verträge“ unterschrieben. Sowohl beim Bahn-Knoten Berlin als auch bei der ICE-Neubaustrecke kam es deshalb bereits zu erheblichen Verzögerungen – und das kostet Geld. Allein der Umstieg vom Schotterbett (1. Planung) auf eine Betonfahrbahn beim Berliner Stadtbahnring verursachte Mehrkosten von etwa einer Milliarde Mark.

Das Verkehrsministerium wollte das Gutachten nicht kommentieren vor der Aufsichtsratssitzung der Bahn kommende Woche. Offenbar müssen Bund und Bahn noch klären, wer was bezahlt und wo gespart werden kann.

Für die Eisenbahnergewerkschaft GdED ist das schon klar: Der Bund solle für die Mehrkosten geradestehen. Das ist dem grünen Verkehrsexperte Albert Schmidt zu einfach. „Das sind Altlasten des früheren Bahnmanagers und des ehemaligen Verkehrsministers“, sagte Schmidt, der auch im Aufsichtsrat der Bahn sitzt. Deren Verantwortlichkeiten müssten „streng überprüft“ werden, bevor man eine Lösung suche.

Sparpotenziale sieht Schmidt nur noch in Berlin. Bei der ICE-Trasse Frankfurt–Köln sei es dafür zu spät. In Berlin werden rund um den geplanten neuen Hauptbahnhof im neuen Zentrum der Stadt für 20 Milliarden Mark weitere Bahnhöfe und ein unterirdisches Schienennetz ausgebaut.

Burkhard Reinartz vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist über die neue Finanzmisere der Bahn nicht überrascht: „Wer so unprofessionell organisiert, sollte besser kleine Brötchen backen.“ Reinartz befürchtet nun, dass das Regionalnetz unter der „Gigantomanie der Bahn AG“ leiden und für Einsparungen herhalten muss. Sowohl Reinartz als auch Schmidt stellen auf Grund der milliardenschweren Fehlplanungen das Hauptbahnhof-Projekt „Stuttgart 21“ in Frage.

Derweil setzt die Bahn auf gute Laune: Stolz präsentierte sie gestern einen neuen Nahverkehrszug, in dessen „Jugendwagen“ Videospiele flimmern. kat