Die Liebe ist eine Maschine

Leben in der Bude und im Technoland: Super Collider mit hochtechnisiertem Funk im Maria am Ostbahnhof

Es war mal wieder so eine Nacht in der Volksbühne. Diskussionen und DJs, Pop und Politik, Schaulaufen und Biertrinken. Alles nett, alles vage inspiriert, aber ohne Zunder. Schließlich retteten zwei Herren namens Super Collider die Nacht mit ihrem fulminanten Auftritt. Kein Rock, kein Techno, sondern hochtechnisierter und bestens rockender Funk mit Seele, und ab ging die Party dann doch noch.

So überrascht wie das mitunter etwas lahme Volksbühnenpublikum an diesem Abend war auch die Musikwelt, als Super Collider im Sommer letzten Jahres ihr Debütalbum, „Head On“, veröffentlichten. Nicht dass es Debütalben nicht jeden Monat haufenweise geben würde. Doch die beiden von Super Collider hatten ihr Grün hinter den Ohren schon lange an irgendwelchen Studiotüren abgegeben.

Da ist einmal Vokalist James Lidell, den man zumindest in England unter dem Namen Subhead als Techno-Sänger, Squarepusher-Mitarbeiter und Studiotüftler kennt. Und da ist zum anderen der in Chile geborene und in Brighton lebende studierte Musikwissenschaftler Christian Vogel, der sich vor allem hierzulande als Produzent intelligenter und minimalistischer Techno-Platten bei Labels wie Mille Plateaux und Tresor einen nicht kleinen Namen gemacht hat.

Während Vogel dann irgendwann in Sachen Techno nicht mehr ein und aus wusste, weihte ihn Lidell in die Geheimnisse des Harddisc-Recordings ein. Schmiss Vogel bis dahin seine Maschinen einfach an, um dann sozusagen live seine Tracks aufzunehmen, arbeitete er mit Lidell nun vollkommen digital und mit Hilfe des großen, pophistorischen Soundarchivs.

Das interessierte auch Sony, bei deren Sublabel Loaded Super Collider einen Vertrag über gleich 5 Alben erhielten, und gewohnt euphorisch wurde dann in England der vorab ausgekoppelte „Head-On“-Track „Darn“ (Cold Way O’ Lovin’) aufgenommen.

Von „Tech-House“ über „Tech-Funk“ bis zu „Punk-Garage“ ging da die Rede in Zeitungen wie dem NME oder The Face, und da das Label Loaded wiederum die Mutterfirma des BigBeats-Labels Skint war, fanden sich Super Collider in den englischen Ballermann-Diskos auch gleich zwischen Fatboy Slim und den Propellerheads wieder.

Viele Missverständnisse, viel Ehre. Doch so ausgetüftelt und komplex auf „Head On“ alles ist: Da ist Leben drin, da werden Funken ohne Ende geschlagen, und das kann dann genau so getrost bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag gehen. GERRIT BARTELS

Heute ab 22 Uhr im Maria am Ostbahnhof, Straße der Pariser Kommune 8–11