Beschimpfungen und brutale Schläge

Beobachter: Gewalt auf Kreuzberger 1.-Mai-Demo ging von Polizei aus. Ein 31-jähriger Friedrichshainer soll von Beamten verhaftet und geprügelt worden sein. Zeugen bestätigen, dass er zuvor unverletzt war

Nur durch Polizeigewalt habe die Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration in Kreuzberg ihren gewaltlosen Charakter verloren. Zu diesem Ergebnis sind offizielle DemonstrationsbeobachterInnen gekommen. Demnach sei der Aufzug friedlich auf dem Oranienplatz angekommen. Erst nach Festnahmen durch die Polizei sei es zu aggressiven Reaktionen der DemonstrantInnen gekommen. Auf der Protestveranstaltung am Montag waren unter anderem der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele, der Berliner PDS-Abgeordnete Freke Over und FU-Professor Wolf Dieter Narr entlang des Demonstrationszuges unterwegs.

Ohne die Eingriffe der Beamten hätte die Veranstaltung friedlich mit der Kundgebung enden können, unterstrich Olaf Griebenow von der AG Gegen Polizeigewalt. Die Rechtsanwältin Petra Schlagenhauf widersprach zentralen Aussagen der Polizei. Die Anwältin sagte, es seien nicht Polizisten aus dem Spalier am Rande des Zuges gewesen, die eingegriffen hätten. Vielmehr sei eine Polizeikette der 23. Einsatzhundertschaft südlich vom Segitzdamm her kommend in die Spitze des Demonstrationszuges eingedrungen. Dort habe diese Gruppe gezielt einzelne Personen herausgegriffen. Dies vermittelt Schlagenhauf zufolge den Eindruck, die Aktion am Oranienplatz sei von der Polizei geplant und keine Notwehr gewesen. Over warf der Polizei vor, sie habe die Beobachter nur so lange akzeptiert, wie diese kein Beweismaterial sicherten. Dann jedoch seien die Beobachter angerempelt und abgedrängt worden.

Der Rechtsanwalt Ulrich von Klinggräff kritisierte, ein Mandant von ihm sei in den späten Abendstunden des 1. Mai am U-Bahnhof Görlitzer Bahnhof von Zivilbeamten festgenommen worden. In einem silbernen VW-Bus sei der 31-jährige Friedrichshainer auf ein abgelegenes Gelände gebracht worden, wo die vermummten Beamten den Mann zu Boden gestoßen hätten. Unter vulgären Beschimpfungen hätten sie brutal auf ihn eingeschlagen, bis sich der Geschlagene bewusstlos gestellt habe.

Die Beamten brachten den Mann nach Aussage seines Anwalts zur ersten Hilfe der Feuerwache Wiener Straße und danach zur Gefangenensammelstelle am Tempelhofer Damm. Er befinde sich derzeit in Untersuchungshaft. Der Mann soll nach Ende der Demo einen Stein geworfen haben. Ihm wird schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen.

Klinggräff sagte, sein Mandant sei übersät von Wunden am ganzen Körper. Zeugen bestätigten, dass er vor seiner Festnahme durch die Zivilbeamten unverletzt gewesen sei. Eine Stellungnahme der Polizei zu dem Vorfall war gestern nicht zu erhalten.

GRIT FRÖHLICH

Betroffenentreffen wegen Repressionen am 1.Mai: So, 7. 5., 15 Uhr im Drugstore, Potsdamer Straße 180. Mit Ermittlungsausschuss und AnwältInnen