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: STEFAN KUZMANY über das virtuelle Studio

DER KLOEPPELDRUCK ALS QUOTENFEGER

Natürlich sehen Sie die RTL-Nachrichten nicht. Wer sieht die schon. Na gut, 3,8 Millionen Menschen taten das zum Beispiel am Donnerstag, aber Sie, als qualitätsbewusste Mediennutzer, Sie doch nicht! Und deshalb hier der Hinweis: Schauen Sie doch mal rein.

Denn bei „RTL aktuell“, dem Fachnachrichtenmagazin für die Bereiche Großbrand und medizinische Neuerungen, gibt es jetzt etwas ganz besonders Innovatives – ein virtuelles Studio im Handbetrieb. Der bekannte und beliebte Anchorman Peter Kloeppel drückt seit neuestem, wann immer eine Statistik in seinen Nachrichten vorkommt, auf ein Knöpfchen in einem Kästchen vor seinem Kommandostühlchen. Und siehe da – schon taucht hinter ihm die gerade vermeldete Statistik auf. Was will uns RTL damit sagen? Hat Peter Kloeppel bei seinen Vertragsverlängerungsverhandlungen (bis 2003) so exorbitant hohe Honorarforderungen gestellt, dass RTL ihm im Gegenzug etwas mehr persönlichen Einsatz abverlangt? Stammt die Neuerung gar von Kloeppel selbst, der, getreu seinem Motto „Ich bin zweitrangig“ (Tele 34/98), durch gekonntes Knöpfchendrücken den Blick der ZuschauerInnen weg von seiner Frisur, hin zu seiner Statistik lenken will? Soll etwa die Seriosität des Kloeppelschen Vortrags durchs Knöpfchendrücken erhöht werden: Sehen Sie, hier wird alles mit ehrlicher Hände Arbeit auf den Schirm gebracht?

Es ist allerdings zu befürchten, dass die Macher der RTL-Nachrichten bloß etwas zu viel Stefan Raab gekuckt haben, den großen jungen Mann des Knöpfchendrucks im deutschen Fernsehen. Drückte Raab ehedem als Viva-Moderator noch auf ein handelsübliches Keyboard, dem er, je nach Gast und Gag, Applaus oder Misstöne entlockte, hat er nun, als „TV total“-Moderator, den Knöpfchendruck perfektioniert. Aus einem Arsenal kürzester Einspielungen wählt Raab per Knöpfchen eine aus, der Sekundenfilm läuft ab, das Publikum lacht, die Quote stimmt. So einfach ist das, dachte sich RTL, und übersah dabei, dass Raabs Einspieler komisch sind. Kloeppels nicht.

Vielleicht haben sich die RTL-Redakteure aber von „Big Brother“ inspirieren lassen, speziell von der Sonntagsausgabe „Big Brother – Der Talk“ und noch spezieller von deren Moderator Percy Hoven – auch der drückt aufs Knöpfchen. „Hallo, liebe Bewohner, hier ist der Percy“, kündigt er seine Rausschmissansagen an – nicht ohne vorher per eigenhändigen Knöpfchendruck die Verbindung in den Hürther Container freigeschaltet zu haben. Das Publikum freut sich, die Quote stimmt. Leider ist Percy Hoven die Verkörperung alles Unseriösen im deutschen Fernsehen – und Kloeppel, unterstellen wir mal, ja gerade nicht. Oder etwa doch?

Dann allerdings wäre der neue Kloeppel wirklich revolutionär: RTL nimmt sich selbst auf die Schippe, mit Knöpfchenattrappen und Nachrichtenattrappen, und sagt so seinen Zuschauern, was man in Köln von ihnen hält: Ihr könnt uns mal am Knöpfchen drücken.