Keine Torte ohne Tore

■ Die Jungs von Werder kamen still und heimlich zurück nach Haus / Berliner Hoteliers berichten von einem wilden Gelage der Bremer Gäste und von 20 vergessenen Dingen

Es hätte so schön sein können. Sonntag, 14 Uhr: Begrüßung der Mannschaft durch Bürgermeister Henning Scherf im Rathaus, Eintrag in das Goldene Buch der Stadt, Anschneiden der Glückwunschtorte. Grenzenloser Jubel auf dem Rathausplatz. Nichts davon. Der SV Werder Bremen hat gegen die Bayern verloren, und was jetzt mit der Torte geschieht, weiß keiner, auch nicht Scherf-Sprecher Klaus Schloesser: „Es ist mir ein Rätsel“.

Sonntag, 12.20 Uhr, Hauptbahnhof. Zwei verschwitzte Werder-Fans schleppen sich unter den Augen von Claudia Schiffer über den Bahnhofsvorplatz. „Weil ich es mir wert bin“, verrät die Schöne auf dem Plakat. Gleis 7. Im Sonderzug ICE DZ 91108 kommen die Männer in den grauen Anzügen heim an die Weser. Gut, dass so viele tarnfarbene Grenzschützer Wache schieben, sonst gäbe es noch weniger Grün zu sehen. Immerhin haben ein paar Mädels in Werder-Textilien ihre Pappis zu einem Ausflug zum Bahnhof überreden können. Also, Spieler: Autogramme geben, und dann huschhuschhusch die Treppe runter, ein Rudel Kameramänner auf den Fersen. Ein Grenzschützer träumt laut von einem Dönerbrötchen.

Draußen dann, auf der Bahnhof-Nordseite, Warten auf's Taxi und verschlossene Gesichter bei den Geschlagenen. Marco Bode kaut auf einem Mozarella-Brötchen herum. Dieter Eilts hält seinen Bart in die Sonne. Noch Pläne heute, alter Friese? „Nein, wir gehen jetzt nach Hause. Und morgen ist wieder Training. Dann werden wir uns wieder treffen.“ Worte, wie aus Stein gehauen. Mit ihren Damen fahren die Mannen davon, einer nach dem anderen. Ein Autocorso in Beige.

„Ich bin enttäuscht, dass sie sich so wenig gewehrt haben“, klagt Peter Klemmt, ein Mittvierziger im blauen Freizeitdress. Doch der Mann weiß, was gut für seine Gesundheit ist und was nicht: „Vor zwanzig Jahren hätte das noch so manche Flasche Bier gekostet.“ Fest steht: Bayern sei einfach nicht zu schlagen gewesen. Für seine Tochter Janina hat sich der Tag trotzdem gelohnt: ein Autogramm von Liebling „Victor“ (Skripnik), mit Widmung, das ist schon was. Sie freut sich still.

Das kann man von den MitarbeiterInnen des Steigenberger Hotels in Berlin nicht unbedingt behaupten. Bis sieben Uhr morgens hätten die Besucher aus Bremen gefeiert, und das ziemlich heftig. Viel Arbeit für das Personal der Edelherberge, viel Alkohol und mindestens 20 vergessene Nützlichkeiten – Handys, zum Beispiel. So schlimm können Pokalniederlagen nicht sein. hase