Was machte am 8. Mai 1945 eigentlich...

... Ernst Jünger

Ernst Jünger sprach am 8. Mai Zu seiner Gattin Nummer zwei: „Nun ist auch dieser Krieg vorbei Und damit meine letzte Chance Für eine zünftige Revanche.“

Unter diesem unerfreulichen Aspekt Zertrat der Dichter ein Insekt.

... Sepp Herberger

„Die Nazis ham den Krieg verhaun“,Riefen Nachbarn übern Zaun. Drauf hat der Sepp zurückgebellt: „Ich hab die Jungs nicht aufgestellt.“

Neun Jahre später zeigt er dann, Was ein echter Volkssturm kann.

...Theodor W. Adorno

Sprach, kein Gedicht nach Auschwitz mehr, Doch Adorno irrte sehr, Als er solches streng verfügte, Dachte, Prosa, die genügte, Um den Deutschen einzubläuen, Was sie hätten zu bereuen.

... Martin Heidegger

„Ich glaub, ich köpf `ne Flasche Wein Und trinke aufs Geworfensein“, So sprach der Phänomenologe Und griff zu seiner Lieblingsdroge.

... Gottfried Benn

Am 8. Mai, ihm ging`s nicht doll, War Gottfried Benn sternhagelvoll. Konnte kaum noch gerade steh`n Und ließ sich mehr als schicklich geh`n.

Benn riss das Küchenfenster auf, Rief zynisch und recht laut hinaus: „Wenn einem so viel Gutes widerfährt, Das ist schon ein Schlückchen wert.“

Kurz darauf da kotzt er schon, Ob dieser schlechten Expression. Doch sein Nachbar namens Asbach, Beruflich kam er aus dem Schnapsfach,

Merkte sich des Dichters Plunder Bis zum deutschen Wirtschaftswunder. Seitdem wirbt für miesen Branntwein Ein noch miserablerer Benn-Reim.

Bald schon reimten Spiel und Bronnen, Was sie im Kopf zusammensponnen, Trochäen, Jamben, Hexameter, Balladen, gar Sonette später, Füllten damit Anthologien. Adorno hat das nie verziehen.

... Arno Breker

Noch am siebten schlug ich eifrig Teutonentorsi, Heldenleiber – Ästhetisch kollossale Scheiße – Es brachte Geld und Klasse-Weiber.

Leider war das Dritte Reich Nicht so beständig wie Gestein, Heute ist es eine Leich, Und der Yankee steht am Rhein.

Ab morgen form ich Demokraten, Das Mittelmaß in Kleinformat, Und wett, dass man im neuen Deutschland Bestimmt dafür Verwendung hat.

... Otto Schily

Spät geboren in Ruinen, Kurze Hosen, Holzgewehr, Suchte Otto S. Rosinen, Hatte Hunger wie ein Bär.

Plötzlich stand da ein GI, Schwarz und groß mit Ledernacken, Klein Schily schrie: „O wei, o wei“, Kniff bänglich zu die Hinterbacken.

Doch zu spät, die braune Soße, Er ahnte schon das Missgeschick, Rann hinein in seine Hose, Der Schwarze sah`s mit heitrem Blick.

Die dicken Waden fest geschlossen, Schlich Otto heimwärts wie ein Troll,Heut rächt er sich an jedem Mohren, Ätsch, mein Freund, das Boot ist voll.

... Heinz Erhard

Es riecht nach Aas, es riecht nach Fäule, Im Graben schimmeln tote Gäule, Heinz Erhard schreibt an nem Gedicht, Es ist sehr komisch, doch er spricht:

„Das zeige ich heute lieber nicht.“ Und so verschwand in einer Lade Der Klassiker namens „Die Made“.

MICHAEL QUASTHOFF