„Nein, nein und noch einmal nein“

Entschädigung für Zwangsarbeiter angeblich nicht in Gefahr. Stiftungssprecher lehnt Bürgschaften ab

BERLIN taz ■ Wenn es um die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter geht, gibt Wolfgang Gibowski gewöhnlich bereitwillig Auskunft. Doch gestern gab sich der Sprecher der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft recht einsilbig. Auf jede Frage ein schlichtes Nein.

Die Welt am Sonntag hatte gestern berichtet, dass die Entschädigung ehemaliger NS-Zwangsarbeiter zu scheitern drohe. In Industriekreisen gebe es Überlegungen, die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft aufzulösen, sollten die fehlenden 2,2 Milliarden Mark bis zum Sommer nicht zusammenkommen. In diesem Fall werde das bereits eingesammelte Geld an die Spender zurückgezahlt. Erstes Nein. „Überlegungen, die Initiative aufzulösen, gibt es nicht“, kommentiert Gibowski knapp.

Sollte die Stiftungsinitiative die 5 Milliarden Mark nur knapp verfehlen, so hatte die Welt am Sonntag spekuliert, würden möglicherweise die 16 Gründungsmitglieder wie Siemens oder DaimlerChrysler den Rest zuschießen. Zweites Nein. „Die bezahlen doch ohnehin schon genug. Auch eine Bürgschaft soll es laut Gibowski nicht geben. „Nein, nein und noch einmal nein.“ Würde der fehlende Betrag vorgestreckt, zahle keiner mehr in den Fonds ein.

Eine Zwischenfinanzierung über eine Bürgschaft oder einen Kredit hatte der Regierungsbeauftragte Otto Graf Lambsdorff gegenüber dem Spiegel nicht ausgeschlossen. Das sei aber allein Sache der Wirtschaft, zitierte das Nachrichtenmagazin den FDP-Politiker in seiner aktuellen Ausgabe. In Lambsdorffs Umgebung werde eine Zwischenfinanzierung durch die Deutsche Bank für denkbar gehalten, wusste die Welt am Sonntag zu berichten. Eine Bürgschaft des Bundes hat Lambsdorffs Sprecher Wolf-Eckhart Meyhoeffer gegenüber der taz jedenfalls definitiv ausgeschlossen. „Wir können nur an die Wirtschaft appellieren, dass sie sich anstrengt. Wie sie die zugesagten 5 Milliarden Mark zusammenbekommt, ist nicht unser Problem.“ Bis Ende vergangener Woche hatten 1.690 Firmen ihre Beteiligung am Entschädigungsfonds zugesagt. Doch Lambsdorff ist sicher, dass der Fonds zustande kommt. „Die deutsche Industrie wird sich eine solche Blamage nicht leisten.“ Bund und Wirtschaft wollen sich nach langem Ringen je zur Hälfte an den 10 Milliarden Mark für Entschädigung beteiligen. Am 2. Juni soll US-Präsident Bill Clinton die Übereinkunft in Berlin besiegeln.

„Natürlich machen wir uns Gedanken, wie wir die Summe erreichen. Wir würden uns einen größeren Zustrom seitens der Wirtschaft wünschen“, so Gibowski. Doch von einem Stichtag 14. Juli, an dem der Bundesrat abschließend über das Stiftungsgesetz berät, will Gibowski nichts wissen. „Die Stiftungsinitiative löst sich erst dann auf, wenn sie ihren Zweck erfüllt hat.“

NICOLE MASCHLER