herr hefele kriegt eine dreiviertelminute
: ALBERT HEFELE bittet um Gnade: Schluss mit Leserpoesie!

PIZZA STATT DICHTKUNST

Ich muss gleich zu Anfang noch mal zu der Sache mit dem Gedicht zurückkommen. Sie erinnern sich? Dieses feine Stück Poesie, das ich Ihnen im Rahmen meiner letzten Kolumne angedeihen ließ? Sie waren aufgerufen mitzuarbeiten ..., sich einzubringen ..., auch mal was zu tun, anstatt nur Maulaffen feilzuhalten. Nun ja, nun gut. Kurz gesagt, lassen Sie’s bleiben. Die Einlassungen aus der Leserschaft – unterste Schublade. Und alle kaprizierten sich – naturellement! – auf die letzten Zeilen. Nur weil es da, aus künstlerischen Gründen, ein wenig von den Genitalien handelt. Für die, die es unbegreiflicherweise nicht mehr parat haben:

Und ich reiß den Lappen von der Heizung Schrubbe mir bei voller Spreizung Unterleib plus dem Geschlecht! Bevaubee geschieht dir recht!

Das ist ein fein austarierter Balanceakt. Ein hoch sensibles Für und Wider, ein Tänzeln zwischen den Stühlen. Das verstehen wir nicht – gell? Hab’ ich mir gedacht und wundert mich in keiner Weise. Wenn schon die Kollegen aus der Redaktion, sog. Profis immerhin, nicht mehr zustande bringen, als: „Kreist der Lappen weg vom Po – so – wird der Lattek auch nicht froh ...“, was soll man dann von der, naturgemäß noch viel unfähigeren Leserschar erwarten? Ein Beispiel. Die Schluss-„Strophe“ des Lesers Gernot W. aus K.:

Und ich wisch per LappenMir die Papp’n* Unterleib und auch Gemächt, Udo Jürgens, Udo Lattek, Mir ist alles recht. (*Umgangssprachlich für Mund)

Ich kann die Koliken, die solch hölzernes Gestammel bei mir auslösen, kaum aushalten – trotzdem, es geht noch viel schlechter. Glauben Sie nicht? Dann lesen Sie mal, was Fred P. aus H. zu vermelden hat:

Und ohne jede Schindung Presse ich per Windung, Tropf, tropf Wasser aus dem Lappen Kommt aber die Borussia, Tu ich gnadenlos weiterzappen.

Na? Das ist richtig schlecht und der absolute Gipfel, und bitte hiermit alle, die schon was in der Schublade haben, von einer Zusendung abzusehen. Weil i c h bin sensibel und will kein Magengeschwür.

Also: sein lassen und sich ein Beispiel am Tennisspieler Dreekman nehmen. Der hat, obwohl noch gar nicht so alt, gemerkt, dass es nix mehr wird und dementsprechend konsequent den Schläger an den Nagel gehängt. Nun macht er in Pizzen. Das ist schön, weil so unprätentiös und erfreulich kleinkariert. Und überraschend – es heißt nämlich, Dreekman sei Tennismillionär! Der? Der war doch nur alle Jubeljahre mal auf dem Screen und höchstens Nummer fünfundsiebzig ... Wenn der schon per Sport Millionär ist ... Man hätte doch vielleicht mehr üben sollen in der Jugend.

Autorenhinweise: Albert Hefele, 48, ist Ergotherapeut und schreibt über die fundamentalen Dinge des sportlichen Lebens