thailänder III – der saté-krieger von BJÖRN BLASCHKE
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Ich war die güldenen Buddhas leid und starrte von einer Brücke in einen der vielen Kanäle, die Bangkok durchziehen. Im Thailand werden diese Rattenbiotope „Klong“ genannt; wahrscheinlich, weil der Thai „Kloake“ nicht aussprechen kann. Ein Traum brachte mich plötzlich nach Holland, vermutlich weil es ebenfalls von Klong-Grachten durchzogen ist. Und vermutlich auch, weil den Holländern nicht, sobald sie den Mund öffnen, ein fiepsendes „wokwokwok“ entfleucht, das man nur durch unzählige Haken und Ösen abbilden kann. Nein, Niederländisch ist eine Sprache, die man versteht. So weisen einem in jeder holländischen Stadt an den zentralen Verkehrskreiseln Schilder den rechten Weg zum nächsten „Krematorium“.

Schilder, die einen ausgerechnet zur Verbrennungshalle schicken? Und wenn, warum? – Viele Ausländer meinen, a) dass die Holländer ihre Toten schnell unter die Erde bringen wollen, weil sie gute Protestanten sind, für die bekanntlich gilt: Zeit ist Geld; oder b) die Holländer seien, da Holland ein kleines Land ist, froh um jeden kremierten Holländer; oder c) „Krematorium“ sei zwar ein Lehnwort aus dem Lateinischen, werde aber im Holländischen falsch benutzt, da es unsere Nachbarn mit „Müllverbrennungsanlage“ gleichsetzen. Alle drei Vermutungen sind richtig: Selbstverständlich sind die Holländer gute Protestanten, selbstverständlich wollen sie Platz – und selbstverständlich sind Krematorien Müllverbrennungsanlagen, wenngleich nur wenige Menschen jenseits von Holland die sterblichen Überreste ihrer Artgenossen als Müll betrachten; wie könne, fragen sie, der Mensch – zwar sterblich, aber doch zum Himmel streblich – einfach weggekippt werden?

Zudem haben sich die Holländer eine alte Regel zu eigen gemacht: Damit es lebenslang im Bewusstsein des Holländers verankert ist, dass er eines Tages im Krematorium enden wird, weisen ihn eben darauf überall Schilder hin, ganz wie zu Zeiten der römischen Cäsaren, denen auch regelmäßig jemand einflüsterte „Memento mori“ – „Sei eingedenk Deiner Sterblichkeit“.

Was jedoch passiert in den holländischen Krematorien? Ich habe das Herz der Finsternis heimlich besucht – und das Grauen gesehen: Der Holländer wird im Rentenalter (jetzt fällt Ihnen auch auf, dass Sie bisher kaum alte Holländer getroffen haben!?) aufgefordert, das nächste Krematorium zu besuchen. Mit einem Projektor wird ihm, ganz wie in dem Film „Soilent Green“, eine schöne holländische Wiese, eine friesische Wattlandschaft oder ein Käserad gezeigt. Und während der Holländer gerade seine schönsten Landschaften betrachtet, wird ihm mit Hilfe einer großen Ramme ein Holzpflock senkrecht durch den Körper hindurch getrieben. Anschließend wird er kurz geröstet, von oben bis unten mit Erdnussbutter eingerieben und kräftig zusammengepresst. Ein Teil der so zubereiteten Holländer bleibt im Lande; der Rest wird nach Thailand exportiert. Abnehmer finden sich jedenfalls leicht, denn Saté-Spieße sind wirklich lecker.

Der Hunger ließ mich aus meinem Saté-Traum auffahren, am anderen Ende meiner Klong-Brücke entdeckte ich ein Schild mit der Aufschrift „Jeeps and Girls for rent“. Wer tiefer gelegt war, wollte ich allerdings nicht herausbekommen.