Stotternder Motor

Kirchs Bezahlfernsehen Premiere World hat mit schwankendem Kundeninteresse zu kämpfen. Die Bundesliga soll Abhilfe schaffen

von ARNO FRANK

Technik macht’s möglich. Doch manchmal stockt das Bild und splittert wie ein zerschlagener Spiegel. Dabei springt der Ton, als käme er von einer zerkratzten CD – Störung bei Premiere World, dem angeblich störungsfreien Bezahlfernsehen aus dem Hause Kirch. Ins Stocken geraten ist auch die geplante Rekrutierung neuer Abonnenten.

Im Oktober 1999, als das digitale Angebot mit enormem Werbeaufwand an den Start ging, hatten sich viele Kunden ein dreimonatiges Abo aufschwatzen lassen – das nach dem Ablauf der Probezeit wieder massenhaft gekündigt wurde. Sehr zum Leidwesen der Manager von Premiere World, die bis Ende 2000 2,9 Millionen neue Zuschauer an ihr Pay-TV binden wollten. Monatlich 75.000 neue Kunden wären dafür nötig gewesen. Gestartet war Premiere World mit 110.000 neugierigen Abonnenten, im November sackte die Zahl auf 95.000, um sich im Dezember dann noch einmal zu weihnachtlichen 120.000 Neukunden aufzuschwingen.

Nach Informationen der Financial Times Deutschland (FTD) sind die Einbrüche seit Jahreswechsel dramatisch: Aus den Quartalszahlen gehe hervor, dass die Kundenzahl in den ersten beiden Monaten um gerade mal 60.000 gestiegen war – die meisten davon sind von Kirchs altem analogen Angebot zu Premiere World gewechselt. Die Gesamtzahl, gesplittet in „analoge“ und „digitale“ Kunden, sei sogar rückläufig. Laut FTD nutzen also zur Zeit rund 1,45 Millionen Abonnenten das digitale Angebot. Offiziell sind die Zahlen freilich nicht, erst im Laufe dieser Woche will Premiere World eigene Berechnungen veröffentlichen.

Mit deutlich hochkarätigeren Spielfilmen lockt das Bezahlfernsehen an Weihnachten und Ostern. Doch selbst mit nagelneuen Kinofilmen aus dem prall gefüllten Archiv des Medienhändlers ist es nicht getan: Daran, dass die Zahlen im März wieder nach oben zeigten, sind neben dem Seniorenprogramm Gala World vor allem Schumacher, Coulthard & Co. verantwortlich – Premiere World überträgt die Formel 1 und verspricht einem einschlägig interessierten Publikum ein technizistisches TV-Erlebnis.

Dass sein Pay-TV-Projekt so ruckelnd und stotternd anlief wie ein kalt gestarteter Ferrari, hat Kirch bisher mehrere Vermögen gekostet. Fünf Milliarden Mark stecken bisher im digitalen Fernsehen, mit weiteren Verlusten muss gerechnet werden. Kein Wunder, dass abwechselnd so illustre Akteure wie ein saudischer Prinz, der Medienhändler Rupert Murdoch und die Deutsche Telekom dem darbenden Digitalen unter die Arme greifen durften.

Der Weg in die Gewinnzone aber scheint sprichwörtlich mit heißen Steinen gepflastert: Ursprünglich wollte Premiere World bereits Ende 1999 Gewinne einfahren, laut FTD wurde der Termin aber auf Mitte 2002 verschoben. Dann sollen mit 3,5 Millionen Abonnenten endlich schwarze Zahlen geschrieben werden. Dafür braucht’s „Events“, und mit den Rechten für die Fußballbundesliga hat Kirch seinen Sendern in dieser Hinsicht ein drei Milliarden Mark teueres Geschenk gemacht.

Premiere World arbeitet „mit Hochdruck“ am neuen Angebot, so Sportchef Carsten Schmidt, und wird sich die Investition ab dem 12. August stückchenweise von seinen Zuschauern bezahlen lassen. Mit Saison-, Spieltags- oder Einzeltickets. Und „Multifeedoptionen“, wenn’s sein muss, auch mit Zeitlupenzuschlag. Technisch geht da ja einiges.