Das Abenteuer ist für BMW vorbei

Erleichterung und eine Verschnaufpause in München: Der Verlustbringer ist weg. An den Führungsproblemen ändert das wenig

BERLIN taz ■ Gefeiert werden musste natürlich gestern in der Münchner BMW-Zentrale. Der Konzern ist seinen verlustträchtigsten Bereich endlich losgeworden, das Abenteuer Rover ist vorbei. Und dabei ist der bayerische Autobauer sogar noch um die Gefahr herumgekommen, als der ganz große Arbeitsplatzvernichter dazustehen, der er leicht hätte werden können – wenn sich nämlich kein Käufer gefunden hätte und BMW die britischen Werke hätte schließen müssen, wofür Branchenkenner gut neun Milliarden Mark Kosten veranschlagt hatten.

Mit einem so glimpflichen Ende hatten Vorstandschef Joachim Milberg und Co. nach den gescheiterten Verhandlungen mit dem Hochrisikofonds Alchemy kaum rechnen können. In der Münchner Pressestelle wollte man denn die Kommentierung auch gleich nach vorne wenden: Man habe den „ersten wichtigen Schritt zur Umsetzung der Neuausrichtung des Unternehmens getan“.

Tatsächlich bedeutet der – hoffentlich endgültige – Verkauf der britischen Tochter das Ende der schlimmsten 15 Monate in der jüngeren Geschichte des bayrischen Konzerns. Aber dafür hat BMW bis zuletzt kräftig draufgezahlt und bislang fast zehn Milliarden Mark verloren.

Nicht mehr als symbolische 10 Pfund, knapp 33 Mark, müssen die Mitglieder des Phoenix-Konsortiums nun aufbringen. Und rund 1,6 Milliarden Mark bekommen sie als – rückzahlbaren – Kredit zurück, um über die Anlaufphase hinwegzukommen. Was mit den rund 2,6 Milliarden Mark Schulden passieren soll, die noch auf Rover lasten, war gestern nichts zu erfahren. Ursprünglich hatte BMW Phoenix zugesagt, Rover schuldenfrei zu übergeben. Ohnehin dürften weitere Kosten auf die Münchner zukommen. Milberg, der erst im Februar vergangenen Jahres auf den Chefposten gehoben wurde, hat in seiner kurzen Amtszeit bereits die Motorenproduktion von Rover und BMW miteinander verzahnt. Alle Acht- und Zwölf-Zylinder-Motoren werden in München gefertigt, die Vierzylinder sollen ab Sommer in Hams Hall hergestellt werden, wo BMW ein neues Werk gebaut hat. Ob Letzteres nun bei dem hohen Pfund-Kurs und einer keineswegs gesicherten Nachfrage der neuen Rover-Besitzer noch sinnvoll ist, ist unklar.

Ebenso offen bleibt vorerst, wie hoch der Imageschaden für BMW und vor allem für Milberg selbst ausfällt. Der 57-Jährige hat nicht nur in der Technik vieles durcheinander gewirbelt, sondern auch im Vorstand. Fünf Mitglieder hat er seit seinem Amtsantritt gefeuert, zwei der Posten sind immer noch unbesetzt. Mitten in der schlimmsten Krise verlor er die Nerven und verscherbelte die Rover-Topmarke Land Rover für vergleichsweise wenig Geld an Ford. Das Managermagazin schrieb ihn zum „Schönfärber“ und „Lügner“, als er im März noch auf dem Genfer Autosalon erklärte, BMW halte an Rover fest, während der Vorstand längst die Trennung beschlossen hatte. Andere Medien stimmten ein, als Milberg wenig später verbreitete, Rover werde an Alchemy verkauft, bevor auch nur ernsthafte Gespräche geführt worden waren.

Die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW), die bereits in der vergangenen Woche angekündigt hatte, auf der BMW-Hauptversammlung am kommenden Dienstag gegen eine Entlastung des Vorstands zu stimmen, will ihre Vorwürfe denn auch aufrechterhalten. „Dieser verzweifelte Schlussstrich ändert doch nichts am Dilettantismus, mit dem in der Vorstandsetage vorgegangen wurde“, sagte Daniela Bergdoll, DSW-Landesgeschäftsführerin Bayern, der taz. „Die Milliarden sind in den Sand gesetzt, und wer weiß, was da noch kommt.“ BEATE WILLMS