Durch die Betten und in die Beine

Honeys checken, Hüften schwingen und mit gebrauchten Höschen wedeln: Der amerikanische Soulman Montell Jordan weiß auf seiner Tour durch Deutschland, was er sich und seinem Teen-Publikum schuldig ist

Montell Jordan lässt in der Berliner Columbiahalle von Beginn an keinen Zweifel, worum es ihm an diesem Abend und auch sonst geht. Um Sex und Soul. Darum, der größte Herzensverdreher vor dem Herrn zu sein, derjenige, der süßen Mädchen die aufregendsten und prickelndsten Momente in der Nacht beschert.

Keine zwei Minuten ist Montell Jordan auf der Bühne, da hat er schon die Hand in seiner Hose und befördert von dort, nein, nicht seinen Schwengel, sondern ein rotes Damenhöschen hervor. „Let’s ride“ heißt der dazugehörige Song, und mit dem Höschen, das ihm wahlweise als Mikrofonhalter, Schmuckstück, Haarband oder Schweißlappen dient, heißt Montell Jordan seine Fans willkommen in der weitgehend diskursfreien Zone des R&B und Modern Soul.

So eindeutig Jordan hier seine Botschaft dem Publikum überbringt, so missverständlich gestaltete sich zumindest der Beginn seiner Karriere vor fünf Jahren. Als er damals mit „This Is How We Do It“ seinen ersten Hit hatte, ging dieser nicht nur durch die Betten und in die Beine, sondern sorgte auch für Aufsehen, weil er auf einem Sample des im Gefängnis einsitzenden Rappers Slick Rick beruhte.

Jordans Herkunft aus Los Angeles’ Problemviertel South Central tat ein Übriges, um in ihm einen erdigen Erneuerer des Modern Soul zu sehen. Jordan schien glaubwürdig zu vermitteln, wo seine Wurzeln liegen: im HipHop und auf der Straße und nicht im Swingbeat und den luxuriös eingerichteten Appartements der aufstrebenden schwarzen Mittelklasse. „Rap-Sänger“ nannte ihn einmal sein Entdecker und Labelchef, DefJams Russel Simmons.

Lockerten dann in den folgenden Jahren Musiker und Produzenten wie Dr. Dre, Puff Daddy, Boys II Men oder R. Kelly zunehmend die Grenzen zwischen HipHop und R&B, entwickelte sich Montell Jordan allerdings zu einem richtigen Puristen. Da durfte zwar noch einmal Master P als Remixer Hand an den Hit „Let’s ride“ legen, doch eigentlich sportete Jordan ausschließlich Schmusewolle und stellte sich in den Dienst „for those who like it fast“ und „for those who like it slow“ (so die thematische Unterteilung seines 99er Albums „Get It On......Tonite“).

Honeys checken, Hüften kreisen und mit (gebrauchten?) Höschen wedeln: Der über zwei Meter große und ganz in schwarzes Leder gekleidete Montell Jordan weiß, was er sich und seinem Publikum schuldig ist. Prompt holt er sich dann auch drei Mädchen auf die Bühne. Von denen lässt er sich antanzen und abschmusen, im Gegenzug gibt er Bussies und reibt einem der Mädchen die Beine mit Vaseline ein. Das mag man schmierig finden oder nicht, das darf man erotisch finden oder nicht, das lässt die Musik seiner mäßigen Begleitband völlig in den Hintergrund treten: Die Aufmerksamkeit des zwischen 15 und 25 Jahre alten Publikums wächst und auch die Bereitschaft, sich noch enger anzutanzen.

Montell Jordan, der elegante und coole Schmierlappen, gibt ihnen das, was sie an diesem Abend brauchen. Und dazu gehört nicht sein kleiner Exkurs in die Geschichte der Old School (bei Jordan sind das die Isley Brothers, die Gap Band, Stevie Wonder), der New School (HipHop) und seine Verbeugungen vor Marvin Gaye und R. Kelly.

Im Haus mit Montell Jordan sind alle eher bei den Coverversionen eines George-Michael-Songs (bei dieser schwitzigen Hetero-Feier geradezu revolutionär) und Phil Collins’ „Against All Odds“. Als dann endlich das obligate „This Is How We Do It“ kommt, werden sich auch die Letzten im Publikum ihrer Nachbarn und ihres eigenen Körpers bewusst, und das ist ja irgendwo auch diskursiv. GERRIT BARTELS

Nächste Auftritte: 13. 5.: Stuttgart, 14. 5.: Darmstadt, 15. 5.: Köln, 19. 5.: Herford, 20. 5.: Bremen