Hier kommt die Supernova

Wie kann man noch malen, wenn die gemalten Bilder tot sind? Glenn Brown und Robert Lucander stellen ihre Variationen zum alten Problem in Berlin aus

Mit der Hipness in der Kunst ist es wie bei den anderen Abteilungen von Popkultur. Was vor einem Jahr an Ambient- und Dekoarbeiten als stilbildend durchgewunken wurde, gilt mittlerweile als öde Clubspielerei für die neue Mitte. Statt dessen wird gemalt was das Zeug hält.

Da ist zum Beispiel Glenn Brown, der bei Max Hetzler ausstellt. Vor einem bläulich blubbernden Supernova-Hintergrund schwebt ein detailfreudig ausgemaltes Raumschiff aus dem Fundus von „2001 – Odysee im Weltraum“. Das Gemälde ist über drei Meter lang, an die zwei Meter hoch und sieht aus wie der Drogenposter-Wahnsinn aus Jugendzimmern in den Seventies. Gleich nebenan hängen kleinformatige Porträtgesichter, die ein bisschen wie Dalí zerlaufen oder vor einer giftig grünen Landschaft strahlen – Kitsch as Kitsch can.

Dabei ist es natürlich eine oberschlaue Strategie, mit der sich der Brite in der Kunstgeschichte einbuddelt. Mal zitiert er den feinen Pinselstrich alter Meiter, mal baut er einige Planquadrate weit Leonardo da Vinci oder Frank Auerbach mit ein. Kein Klischee ist bei ihm verboten, wenn es nützt, den Betrachter in peinliche Situationen angesichts der abstrusen Bilderwelt zu stürzen: Wie viel versunkene Hochkultur kann Malerei aushalten?

Brown konterkariert die ästhetische Verbindlichkeit gemalter Bilder. Die scheinbare Liebe zur surrealen Gegenständlichkeit, das Beharren auf handwerklichen Finessen erzeugt eine Spannung, die das Oberflache der Images mit der Aufwendigkeit der Darstellung in Gegensatz bringt. Deshalb kann Brown auch Spurenelemente aus Punk und Splatter integrieren – selbst dieser Zorn wird in der minutiösen Rekonstruktion zum figurativen Secondhand-Grusel. Das ist tatsächlich ein Triumph der young british art über alle irgendwie gearteten Schulen der Malerei.

Auch bei Robert Lucander hat das Handwerk des Malers wieder Boden gefasst. Im Baumarkt. Dort holt er sich seine genormten Industriefarben, dort sucht er sich seine genormt zugesägten Holzplatten aus, auf denen er Motive zwischen Glamour und Mode aufträgt. Prada-blaue Jeanstypen winken vorbei, pfirsichfarbene Caprihosen bringen ein bisschen Tristesse Royale in den Kunstbetrieb: Alle sind traurig, weil der Pop der Jugend warenförmig geworden ist. Zumindest solange noch das Lied von Macy Gray läuft oder das neue Video von Richard Ashcroft oder die Pastelltöne auf den Bildern von Lucander.

Wo Brown giftet, bleibt der 1962 geborene finnische Maler allerdings cool: Statt das Dargestellte in der Darstellung zu parodieren, sucht er nach Möglichkeiten, wie man die zu Tode inszenierten Fotostrecken der Jugendkultur wieder Richtung Kunst umleiten kann. Dafür braucht Lucander zunächst einmal viel Leere und monochrome Flächen, aus denen Gesichter, Gesten und Haltungen hervorschimmern. Dass sie tatsächlich schillern, liegt an seiner Technik: Zwischen die undurchdringlichen Farbfelder zeichnet er mit dem Bleistift extrem plastische Konturen, die sich mit dem Glanz der Oberfläche beißen. Dann sehen die Strumpfhosenbeine matt und müde aus, wie im wirklichen Leben nach der Party. HARALD FRICKE

Glenn Brown, bis 3. 6., Galerie Max Hetzler, Zimmerstraße 90/91 Robert Lucander, bis 20. 5., Contemporary Fine Arts, Sophienstraße 21