Diepgen setzt sich durch

Im Rechtsausschuss rechtfertigt Diepgen die Wiedereinführung der politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft. SPD, Opposition und der Ex-CDU-Abgeordnete Wruck schäumen

Von PLUTONIA PLARRE

Allen Bedenken von SPD und Oppostion zum Trotz: Die Neueinrichtung der so genannten P-Abteilung der Staatsanwaltschaft, die für Straftaten mit politischem Bezug zuständig sein soll, ist beschlossene Sache. Am Rande des parlamentarischen Rechtsausschusses sagte der Generalstaatsanwalt beim Landgericht, Hans-Jürgen Karge, er habe angeordnet, dass die beiden neuen Abteilungen am kommenden Montag ihre Arbeit aufnehmen.

Zuvor hatte der Regierende Bürgermeister und Justizsenator Eberhard Diepgen (CDU) gegenüber den Mitgliedern des Ausschusses die Wiedereinführung der umstrittenen Abteilung begründet: Die Staatsanwaltschaft dränge seit Jahren auf eine Organisationsveränderung. Statt wie früher eine solle es in Zukunft zwei Abteilungen geben. Diese sollen zudem von zwei verschiedenen Hauptabteilungsleitern kontrolliert werden.

Die P-Abteilung war 1990 vom rot-grünen Senat aufgelöst worden, weil sie bei der Strafverfolgung vermeintlich politischer Gesinnungsträger zum Teil weit übers Ziel hinausgeschossen war und sich bei den zuständigen Staatsanwälten eine Art Wagenburgmentalität breit gemacht hatte.

Dementsprechend hoch schlagen die Wogen bei SPD und Bündnisgrünen, seit Diepgens Vorhaben in der vergangenen Woche in der Presse durchsickerte. Aber nicht nur die Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen, Renate Künast, und der rechtspolitische Sprecher der SPD, Klaus-Uwe Benneter, schäumten gestern im Rechtsausschuss. Der ehemalige CDU-Abgeordnete Ekkehard Wruck (fraktionslos) warf Diepgen vor, „einen entscheidenden Fehler“ gemacht zu haben, indem er den Ausschuss nicht vorab informierte. Schließlich wisse Diepgen, „was vor zehn Jahren los war“, als SPD-Justizsenatorin Jutta Limbach die politische Staatsanwaltschaft gegen den hartnäckigen Widerstand der CDU aufgelöst habe. Um ein Wiederaufleben der alten Grabenkämpfe und Vorurteile zu verhindern, hätte Diepgen seiner Informationspflicht nachkommen müssen.

Diepgen versuchte die Wogen zu glätten, indem er dem Rechtsausschuss in Aussicht stellte, die Arbeit der P-Abteilung künftig „gemeinsam zu begleiten“. Mit Ausnahme von Hessen, Niedersachsen und Baden-Württemberg hätten alle anderen Bundesländer eine Spezialzuständigkeit für politische Strafsachen. Dass die Straftaten mit extremistischem Bezug in Berlin nach Angaben des Verfassungsschutzes im Sinken begriffen sind, tangiere seine Entscheidung nicht.

Der ehemalige SPD-Justizsenator Erhard Körting zeigte sich gegenüber der taz verwundert darüber, dass die Staatsanwaltschaft die P-Abteilung schon so lange gefordert habe. „In den zwei Jahren meiner Verantwortung ist dieser Wunsch nicht an mich herangetragen worden.“ Generalstaatsanwalt Karge bestätigte dies gestern. Körting sei von der Fachabteilung erst gar nicht mit dem Thema konfrontiert worden, weil klar gewesen sei, dass der SPD-Justizsenator das heiße Eisen nicht anfassen werde.PLUTONIA PLARRE