piwik no script img

Reibung erzeugt Lücke

■ In Hamburg gibt es derzeit keine unkonfessionelle Sektenberatung

Fragen zu einer Sekte, die nicht Scientology ist? Auf der Suche nach Hilfe beim Thema Satanismus, aber keine Lust, bei der Kirche anzurufen? Pech gehabt. Denn die einzige unkonfessionelle Beratungsstelle in Hamburg, der „Arbeitsbereich Weltanschauungen und religiöse Gruppierungen“ bei der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Hamburg e.V. wurde Ende März aufgelöst. Die „Arbeitsgruppe Scientology“ der Innenbehörde soll die Aufgabe übernehmen. Das muss allerdings noch durch den Senat, und bis dahin gibts auch keine Beratung.

„Wir haben bei der Behörde angefragt, an wen wir die Leute verweisen sollen, aber noch keine Antwort erhalten“, sagt Ilse Burfeind, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft. Jörn Möller, bei der Nordelbischen Kirche Beauftragter und Ansprechpartner für Weltanschauungsfragen meint: „Das ist ein Problem. Wir haben jetzt mehr Anfragen, sind aber nur zu zweit.“ Möller kritisiert, dass der unkonfessionelle Arbeitsbereich abgeschafft wurde: „Nicht jeder ruft bei der Kirche an.“

Eine Übernahme der bisherigen Mitarbeiter der Beratungsstelle gibt es nicht: Zwischen ihnen und der Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology Ursula Caberta gibt es offenbar Differenzen. Eine Scientology-Beraterin soll die Aufgabe übernehmen und bildet sich gerade weiter, sagt Susanne Fischer von der Innenbehörde. „Wir haben die Arbeit ohnehin schon mit gemacht, da wollte ich auch die Stelle haben“, begründet Caberta die Umstrukturierung.

Doch es gibt noch einen zweiten Grund: „Bei der Warnung vor bestimmten Jugendreligionen bewegt man sich in einem rechtlichen Grenzbereich des Eingriffs in die Religionsfreiheit“, sagt Wolfgang Hammer vom Amt für Jugend. Deshalb müsse der Staat diese Aufgabe wahrnehmen. Ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat nun auch Hamburg umgesetzt. Dass es dabei eine zeitliche Lücke gibt, erklärt Hammer damit, „dass der Träger wohl kalte Füße bekommen und die Arbeit früher niedergelegt hat als geplant“. Ilse Burfeind hält dagegen: „Die Finanzierung der Stelle ist ausgelaufen, was sollten wir denn da tun?“ Fazit von Behördensprecherin Fischer: „Keine Umstrukturierung ohne Reibungsverluste“. Sandra Wilsdorf

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen