die stimme der kritik
: Betr.: Rudolph Giuliani, Joschka Fischer und der Mann von Madonna

VERWIRRUNG AN DER GESCHLECHTERFRONT

Rudolph Giuliani ist in einer schweren Krise. Der New Yorker Bürgermeister hat Prostata-Krebs und sich gerade von seiner Frau getrennt. Andreas Grimm ist in einer schweren Krise. Seine Frau Anke Engelke hat ihn verlassen und, noch schlimmer, ihr neuer Freund ist Moderator bei Viva. Guy Ritchie ist einer schweren Krise. Er ist der Mann von Madonna.

Oskar Lafontaine ist in einer schweren Krise. Seine Frau bleibt bei ihm – aber er hat immer noch keinen Job. Er darf nicht mal Aufsichtsrat bei der Saarbrücker Zeitung werden.

Karl Geck ist auch ein Mann, aber in keiner schweren Krise. Im Gegenteil. Er ist Facharzt für psychotherapeutische Medizin. Seine Erkenntnis: Die Verwirrung an der Geschlechterfront ist groß, Männer wissen nicht mehr, wer sie sind. „Viele Männer“, sagt Karl Geck, „haben keinen Zugang zu ihrer inneren Größe und Stärke, zu ihrer Energie und Ganzheit.“ Was tut man da? Wieder im Stehen pinkeln?

Viel einfacher. Geck hat eine CD produziert („Männer-Rituale“ ). Bei sphärischen Klängen sollen die Männer erkunden, welchen Typ sie verkörpern. Zur Auswahl stehen „Junge“, „Liebhaber“, „Vater“, „Krieger“, „Alchimist“ und „Weiser“. Offensichtlich ist auch die Verwirrung an der Psychotherapeutenfront groß.

Total blöde Auswahl, werden jetzt einige Männer sagen, wo soll man sich denn da eingruppieren, man will doch „Liebhaber“ und „Alchimist“ gleichzeitig sein, schon früher im Chemieunterrichtm ... blablabla. Das Identitätsproblem des Mannes ist doch viel simpler. Er bekommt kein Haushaltsgeld von seiner Frau, kann sich also auch keine CD kaufen. Falls er sie zufällig geschenkt bekäme, würde in dem Moment, wo er sie hören wollte, seine 13-jährige Tochter mit ihrem neuen Freund auf dem CD-Player vögeln. Falls seine Tochter zufällig nicht zu Hause wäre, würde er die CD trotzdem nicht hören, weil sich Männer so einen esoterischen Quark nicht antun. Sie sind lieber in einer schweren Krise und heulen ein bisschen, weil sie keiner liebt.

Fragen Sie mal Joschka Fischer.

Obwohl – der würde sich die CD anhören, aber auch nur deswegen, um sich als „Krieger“ einordnen zu können. Oder als „Weiser“? JENS KÖNIG