Bündnis für die Bahn

Umweltverbände und Bahn wollen kooperieren. Erste gemeinsame Forderung: Wettbewerbsverzerrung zugunsten des Autos soll aufhören

BERLIN taz ■ Kein Plausch übers Wetter, keine lange Einleitung, Bahnchef Hartmut Mehdorn kommt gleich zur Sache – und in nur eineinhalb Stunden hat sich der Bahnchef mit den Vorsitzenden der führenden deutschen Umweltverbände auf ein Zehn-Punkte-Papier geeinigt. Darin geißeln sie erstmals gemeinsam die Benachteiligung der Schiene gegenüber der Straße. Und man ist sich nach dem „angeregten und interessanten“ Gespräch einig: Dies soll der Auftakt für eine dauerhafte Kooperation sein.

In dem Zehn-Punkte-Papier verlangen die neuen Partner von der Bundesregierung den „vollständigen Abbau von Wettbewerbsnachteilen“. Dazu gehörten endlich bedarfsgerechte Investitionen des Bundes in die Schiene.

Anders als der Straßenverkehr muss die Bahn selbst für die Instandhaltung der Verkehrswege aufkommen – auch das müsse sich ändern. Außerdem verlangten die Umweltverbände und die Bahn eine Streichung der Mineralölsteuerbefreiung des Flugverkehrs. Während die Verkehrssprecher der Koalitionsfraktionen weitere Mittel für die Bahn befürworten, stellt sich das Verkehrsministerium quer.

Bemerkenswert ist die gemeinsame Forderung nach einer verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale statt der bisher geltenden Kilometerpauschale, die Autofahrer fünfmal besser als Bahnfahrer stelle. Eine solche Forderung findet sich auch im Koalitionsvertrag der Regierung, wird aber auf Drängen des Finanzministeriums bislang auf die lange Bank geschoben.

Mit Mehdorn findet die Bahn nun auch gegenüber den Umweltverbänden zu einer neuen Offenheit. Für den alten Bahnchef Johannes Ludewig waren die Umweltverbände immer Gegner gewesen. Am gestrigen Gespräch waren die Vorsitzenden des BUND, des Dachverbandes DNR, des Naturschutzbundes, des Verkehrsclubs Deutschlands (VCD) und des WWF beteiligt.

Natürlich war man sich nicht in allen Fragen einig. So blieb bei den Treffen etwa die ICE-Trasse Erfurt–Nürnberg umstritten. Zwar ist der Bau vorerst wegen Geldmangels gestoppt, doch Mehdorn möchte die Trasse bis 2020 wieder angehen. Die Verbände halten das viele Geld für rausgeworfen und wollen die Schneise durch den Thüringer Wald vermeiden. Auch setzen die Umweltorganisationen eher auf eine Stärkung der Regionalstrecken der Bahn, wo der Bahnchef radikal unwirtschaftliche Strecken abstoßen will. Einig war man sich dagegen, dass die Bahn eine Zukunftsvision formulieren sollte, wie sie langfristig ihre Fahrgastzahlen deutlich steigern könnte. Mehdorn will bereits im Spätsommer eine solche Strategie vorstellen. MATTHIAS URBACH