Deutsche Ausreden

Die CDU-Argumentation zur Spendenaffäre folgt den Maximen des Dr. Goebbels

Irgendwie scheint nach ein, zwei Monaten ekstatischer Medienkarambolagen die sog. CDU-Spendenaffäre vom Tisch und damit auch gleich weg vom Fenster zu sein beziehungsweise auf eine auffallend lange Bank geschoben oder aber spornstreichs unter den Teppich gekehrt zu werden. Man hört kaum noch etwas, der Bundestags-Untersuchungsausschuss kurvt derart gemächlich durch die Kalenderwochen, als müsste er vor allem eins: Schlaf nachholen, mal ausspannen, Chips, Dosenbier und die Füße auf den Tisch.

Für die CDU ist der Fall sowieso „erledigt“, und Roland Koch hat mit seiner „brutalst-möglichen Aufklärung“ nicht bloß eine dicke Lippe riskiert, sondern darf sie auch weiterhin ungeniert in seinem Gesicht zur Schau tragen.

War was gewesen? Dass die deutsche Wirtschaft politische Entscheidungsträger finanziert und deren Entscheidungen „absichert“, und zwar ganz bestimmt nicht erst seit 1992, wie die dubiose Aktenlage offenbar suggerieren will, ist ja keine Überraschung. Dass dieses Geld nicht mal bloß so eben aus Spendierlaune rübergereicht wurde, sondern Geld für Leistung ist, haut keinen wirklich um. Dass die CDU diese lukrativen Abmachungen vorsorglich halbwegs kaschierte, wer wollte es ihr verdenken? Dass ihre Spitzenkräfte, obzwar sich in alberne Widersprüche verwickelnd, allesamt abgrundtiefe Erinnerungslücken haben, ergo reichlich kindisch herumeiern – man kann es verstehen, und man kann es sich denken, wie auch, dass der Waffenhandel nach anderen Spielregeln abläuft als etwa eine Weihnachtstombola.

Das alles mag ungemein erschütternd sein. Aber es beunruhigt doch nicht viel mehr als, sagen wir, die Nachricht, dass das Christentum in seiner Geschichte hie und da ein paar Unregelmäßigkeiten auf seine Kappe nehmen muss.

Idealisten mit Parteiauftrag

Nein, der Skandal liegt abseits dieser Hintenrum-Internas, und es wird Zeit, dass er mal Erwähnung findet. Sowohl Helmut Kohl als auch Wolfgang Schäuble, Roland Koch, Walther Leisler Kiep und alle anderen betonen impertinent oft, dass sie sich nicht persönlich bereichert und lediglich im Parteiauftrag gehandelt hätten, also bloß auf quasi höheres Geheiß ein paar Gesetze nicht so genau wörtlich nahmen und demzufolge moralisch blitzsauber, ja sogar als Idealisten dastehen, für die Ehrenwort nun einmal Ehrenwort ist.

Es ist nicht nur sehr billig, wenn Parteibonzen, denen der Egoismus ins Gesicht gekerbt ist, ausgerechnet im Fall von erwiesener Bestechung auf ihre eigenhändig zugenähten Taschen verweisen, auch das Lob der eigenen Anständigkeit haben sie gratis bekommen: von den Nazis.

Gemeinnutz geht vor Eigennutz – diese strahlende, rundum gütige und hehre Maxime zählt zu den populärsten Sätzen der Nationalsozialisten und ist Hitlers und Goebbels’ Lieblingssentenz gewesen. Dass sie ihr Ehrenwort immer gehalten hätten und vor allen Dingen „anständig“ geblieben seien, das bestätigte auch der Reichsführer-SS Himmler seiner Mördertruppe.

Wie Kohl und sein CDU-Genossen-Konsortium sparten auch die Nazis selten mit apartem Eigenlob, benutzen die gleichen Ausdrücke für die gleichen Ausreden und attestierten sich selber das reinste Tugendstrebertum. Schon 1950 behauptete Werner Best, in der Gestapo Heydrichs Stellvertreter und später in Dänemark für die Judendeportationen verantwortlich, die Nürnberger Prozesse seien „eigentlich ein Ruhmesblatt für unser Volk gewesen. Denn nach meiner Kenntnis ist für keinen einzigen Angeklagten festgestellt worden, daß er aus persönlichen verbrecherischen Motiven gehandelt habe.“

Wer weiß, womöglich wird in diesem akuraten Sinn auch die leidige CDU-Spendenaffäre demnächst schon ein – weiteres – Ruhmesblatt in der Geschichte des deutschen Volkes sein.

Hony soit qui mal y pense!

RAYK WIELAND