: Herzige Stromschläge
Zum 50. Geburtstag schenken sich die Berliner Festspiele im Herbst noch einmal die „Theaterwelten“, das kleine internationale Festival für Tanz und Theater
Im Jahre 50 der Berliner Festspiele und Jahr 28 des amtierenden Intendanten Ulrich Eckhardt – das zugleich sein letztes ist – leistet sich die Festspiel GmbH noch einmal ein neues Festival. „Theaterwelten“ ist der Titel des internationalen Programms, das vom 29. September bis zum 19. Oktober 14 Tanz- und Theaterprogramme von zehn Ensembles aus neun Ländern zeigt.
Ähnlich wie das Berliner Theatertreffen im Frühjahr die besten deutschsprachigen Produktionen versammeln will, wollen die Theaterwelten im Herbst internationale Highlights präsentieren – von Pioniergeist, Entdeckerfreude oder Mut zum Experiment ist auch in dieser Auswahl nichts zu spüren. Die künstlerische Leiterin Francesca Spinazzi versammelt ausschließlich etablierte Künstler mit dem zur Verfügung stehenden Etat von rund drei Millionen Mark. Keinesfalls die schlechtesten: Peter Brook wird mit „Le Costume“ anreisen, Robert Lepage mit seinem jüngsten Solo „The Far Side of the Moon“ (Musik: Laurie Anderson), das Theaterzentrum Acco mit „Boyi Kala“. Die Chilenen La Troppa zeigen ihre Marionettenversion von Agota Kristofs „Das große Heft“, Ezechiel García-Romeu, in Frankreich lebender Argentinier, ebenfalls politisches Spiel mit Puppen, und die Londoner mit dem hübschen Namen Told by an Idiot spielen „Happy Birthday, Mr. Deka D“ des nigerianischen Autors Biyi Bandele.
Dazu kommen Tanzabende: zwei Choreographien von Mats Eks mit dem Cullberg-Ballett aus Stockholm, eine ältere Arbeit des Cloud Gate Theatre aus Taipeh sowie „Eidos:Telos“ von William Forsythe, der mit dem Ballett Frankfurt erstmals in Berlin zu Gast sein wird.
Als Kriterium der Auswahl nannte Spinazzi „Stromschläge“, die ihr die Inszenierungen „in das Herz hineingejagt“ hätten. Die Hauptstadt braucht mehr Stromschläge. Auch solche, die ins Hirn fahren und zur Überprüfung der Vorstellung von zeitgenössischer Ästhetik führen. Im Jahre eins nach Eckhardt muss unbedingt an dieser Energie gearbeitet werden. CHRISTIANE KÜHL
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