Spitzeln nur als Ausnahme

SPD-Sicherheitsexperten wollen den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel auf konspirative Gruppen beschränken. Der Berliner Geheimdienst soll zur Informationsbehörde werden

von DOROTHEE WINDEN

Die SPD hat gestern Bedingungen genannt, von denen sie ihre Zustimmung zu einer grundlegenden Umstrukturierung des Verfassungsschutzes abhängig macht. Den von Innensenator Eckart Werthebach (CDU) eingeschlagenen Kurs, den Geheimdienst zu einer Informationsbehörde umzuwandeln, will die SPD im Grundsatz mittragen.

Nach ihren Vorstellungen sollen nachrichtendienstliche Mittel wie V-Männer und Wanzen künftig aber an „ganz enge Voraussetzungen“ gebunden werden. Ihr Einsatz sei nur bei konspirativen Gruppierungen notwendig, sagte der verfassungsschutzpolitische Sprecher der SPD, Klaus-Uwe Benneter. Als Beispiel nannte sein Fraktionskollege Hans-Georg Lorenz Rechtsradikale, den Ausländerextremismus und autonome Gruppen. Nach Vorstellungen der SPD sollen die Kontrollrechte des parlamentarischen Verfassungsschutzausschusses erweitert werden: Erst der Ausschuss soll grünes Licht für den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel geben. Außerdem soll eine interne Kontrollinstanz eingerichtet werden, die dem Ausschuss Bericht erstatten muss.

Der Geheimdienst soll sich nach den Vorstellungen der SPD in eine „Informationsbehörde neuen Typs“ und eine „Aufklärungsbehörde“ verwandeln. Verfassungsschützer sollen an Schulen im Geschichtsunterricht referieren und mit wissenschaftlichen Instituten zusammenarbeiten, so Benneter. Wie der Innensenator erhofft er sich von einer wissenschaftlichen Auswertung von Publikationen, Flugblättern und Presseberichten bessere Ergebnisse. Auch bei der Auswertung der Internetseiten Rechtsradikaler seien die Erkenntnisse noch „nicht so, wie sie sein könnten“, sagte Benneter. Zudem müsse die Ausstattung der Verfassungsschützer, denen nur ein einziges Faxgerät zur Verfügung steht, verbessert werden.

Die SPD schlägt eine Verkleinerung der Behörde um 60 Mitarbeiter vor, „unter Umständen auch mehr“. Derzeit sind dort 242 Personen beschäftigt. Werthebachs Staatssekretärin Mathilde Koller hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass mehr als die Hälfte des Personals ausgetauscht werden solle. Die SPD will darüber hinaus auf Dauer eine Personalrotation festschreiben, um einer „Wagenburgmentalität“ bei den Mitarbeitern vorzubeugen. Der künftige Abteilungsleiter müsse eine Persönlichkeit sein, die nicht zulasse, dass das Amt zu parteipolitischen Zwecken missbraucht werde, so Lorenz.

Es müsse auch sichergestellt werden, dass der Datenbestand des Verfassungsschutzes von den übrigen Abteilungen der Innenverwaltung abgeschottet werde. In einem Punkt jedoch haben die Sozialdemokraten keine Illusionen: Verfassungsschutzskandale sind auch künftig nicht völlig auszuschließen.