Eine rhetorische Meisterleistung

betr.: „Einsame Opposition“ (Trotz Demos: Rechtsradikale haben in Kroatien keine Chance mehr), taz vom 11. 5. 00

Sehr geehrter Herr Rathfelder,mich würde doch sehr interessieren, wie Sie die europäischen Werte definieren, die angeblich von der serbischen Bevölkerung nicht akzeptiert werden. Angesichts der Untätigkeit deutscher Polizisten gegenüber dem Rufen von Wehrmachtsparolen auf rechtsradikalen Demonstrationen und dem Verbot linker Gegendemonstrationen kann ich mich der Ablehnung solcher Werte doch nur anschließen.

Vor weniger als einem Jahr hat es Kroatiens Ansehen in der Bundesrepublik Deutschland keinen großen Abbruch getan, dass die Regierung Tudjmans Altnazis Staatsempfänge bereitete. Heute schreiben Sie darüber, dass die Zurückbenennung des „Platzes der kroatischen Helden“ in „Platz der Opfer des Faschismus“ von einem offensichtlich nicht unbeträchtlichen Teil der Bevölkerung als große Provokation empfunden wird. Wie Sie es unter diesen Umständen, ganz zu schweigen von der Geschichte, gerade des serbischen Partisanenwiderstandes gegen den Faschismus, trotzdem wieder schaffen, die Kroaten als die Guten und in einem kleinen Einschub die Serben als die Bösen, nämlich die Rechtsradikalen, darzustellen, ist wirklich eine rhetorische Meisterleistung.

Gratulation. Will ein ehemals linkes Blatt die Handlungen seiner Regierung verteidigen, muss man zur Schaffung eines Feindbildes schon mal dazu greifen, eine sozialistische Regierung rechtsradikal zu nennen. Die grüne Bundestagsfraktion ist sicher stolz auf Sie. KATRIN EHMKE, Hamburg