Wir präsentieren die Gäste des ersten Bremer Lyrikfestivals „Poetry on the Road“. Folge 1: Rendra, eine Stimme Indonesiens

Vom 26. bis 28. Mai findet mit „Poetry on the Road“ zum ersten Mal das Internationale Lyrikfestival Bremen statt. Es ist den Organisatorinnen Silke Behl (Radio Bremen) und Regina Dyck (Goethebund) in Kooperation mit der Hochschule Bremen gelungen, fast zwanzig VertreterInnen der zeitgenössischen Poesie in die Hansestadt zu lotsen. Neben großen Namen wie Cees Nooteboom, Lars Gustafsson und Durs Grünbein finden sich viele junge und/oder hierzulande wenig bekannte DichterInnen.

Das Konzept von „Poetry on the Road“, das mit Martin Mooij, dem holländischen Nestor der Literaturfestivalszene, entwickelt wurde, besticht in mehrfacher Hinsicht. Verwirklicht wurden nicht nur ein internationalistischer Schwerpunkt, sondern auch der „Work-shop“-Charakter der Veranstaltung.

Dazu kommt das Ganze angenehm zeitgemäß daher, denn man kann gleichsam der Lyrikprominenz dabei zusehen und -hören, wie sie sich aus dem sprichwörtlichen Elfenbeinturm entfernt. Ist gleich: Aufwertung des Lautspielerischen, Fragen nach der gesellschaftlichen (mithin politischen) Relevanz von Poesie heute. Und das in einem alles andere als spröde-akademischen Rahmen.

Anlass genug für die taz, eine Reihe der Beteiligten gewissermaßen als Appetitanreger vorzustellen. Wohl bekomm's.

Der Müller Heiner lobte jede Gesellschaftsform, die der Literatur soviel Gewicht beimessen würde wie die Diktatur. Ich weiß nicht, ob Müller Rendra kannte – oder Rendra Müller. Trotzdem: Unterschreiben wird er das Diktum wohl, inklusive des bitteren Untertons. Neben literarischen Referenzen, Bezügen zu altjavanischen traditionellen Formen ist das Werk des 1935 in Surakarta/Indonesien geborenen Rendra geprägt durch die Jahrzehnte währende Konfrontation mit dem Suharto-Regime.

Rendra ist einer der wenigen renommierten indonesischen Dichter; zugleich eine mehrfach schillernde Persönlichkeit, die die Grenzen von Kunst und Politik verschwimmen lässt. Seine Biographie: Neben dem Erfolg in Japan und den USA, auch Sich-Abarbeiten an der Zensur, was 1977 in Verhaftung und Gefängnisaufenthalt gipfelte. Rendras Gedichte sind voll von Übergängen. „Die Armen Leute Ä...Ü / die genarrt werden von Illusionen, / soll man nicht sich selbst überlassen.“ Ein Appell, gewiss, doch es folgt sofort der Dreh ins Poetische: „Der Wind bringt den Geruch ihrer Kleider. Ihre Haare kleben am Vollmond.“ Die Texte sind leicht und deutlich zugleich. Kraftvoll metaphorisch selbst im Alltäglichsten und nie sozialkitschig, wenn es politisch wird. Was vielleicht daran liegt, dass Rendra sein Medium Sprache in allen möglichen Formen nutzt, sie reflektiert, in ihr schwimmt. Schrei, Rhythmus und Wohlklang stehen dicht beieinander. Tim Schomacker