„Wie gelten als die Kommerzheinis“

Der Student Boris Walter (22) organisiert den 5. Werbekongress des Berliner Kommunikationsforums. Thema: Werbeverbote

taz: Der Werbekongress wird vom Kommunikationsforum, einer studentischen Initiative, organisiert. Was erwartet ihr euch davon?

Boris Walter: Das ist vor allem eine Recrutingveranstaltung für Agenturen und Studenten. Dieses Jahr kommen 300 Studenten und können Jobangebote ausloten. Außerdem haben wir viele namhafte Agenturen dabei. Die können den Nachwuchs sichten.

Das diesjährige Thema des Kongresses heißt „Werbeverbote“. Nach dem Tabakwerbeverbot werden nun auch Beschränkungen für Alkohol und Autos diskutiert. Wie steht ihr zu der Diskussion?

Wir wollen keine Stimmung gegen die Verbote machen. Es sollte für uns vor allem darum gehen, wie die Werbewirtschaft mit der neuen Gesetzeslage umgeht. Natürlich ist es wichtig, Verantwortung in der Werbung zu zeigen. Im Bereich der Werbung mit Kindern und für Kinder bin ich absolut dafür, dass es mehr gibt als einen Ehrenkodex.

Und das Tabakverbot?

Ich glaube nicht, dass dadurch weniger Leute rauchen. Natürlich spielt Werbung mit Grundbedürfnissen und versucht auf emotionale Art, den Vorteil des Produkts zu kommunizieren. Aber Werbung schafft keine Grundbedürfnisse, wo keine vorhanden sind. Der Nichtraucher wird durch Werbung nicht zum Raucher. Aber der Raucher wechselt duch Werbung vielleicht die Marke.

Gibt es Produkte, für die du nicht werben würdest?

Mit politischer Werbung hätte ich ein Problem, vor allem wenn ich den Standpunkt der Partei nicht teilen würde. Es könnte problematisch werden, wenn man einen Politiker zum Produkt macht und die Leute politische Werbung nicht mehr als Werbung erkennen. Bei Eberhard Diepgen ist das mit der Kampagne „Diepgen rennt“ ja schon ansatzweise passiert. In den USA wird da viel weiter gegangen. Da ist der mündige Bürger, der Zeitung liest, gefragt.

Warum willst du in die Branche?

Mich interessiert, wie Werbung sein kann, was sie auslöst, wie sie polarisiert. Nehmen wir die Yello-Kampagne. Da ist es gelungen, einem emotionsleeren Produkt, nämlich Strom, ein Gesicht zu geben. Plötzlich befassen sich alle mit Strom.

Was macht Spitzenwerber und Trendsetter aus?

Sie müssen um die Ecke denken können und mit ungewöhnlichen „Blickpunkten“ spielen.

Wie werdet ihr von den anderen rein künstlerischen Studiengängen an der HDK gesehen?

Als die Kommerzheinis. (lacht) Klar gibt es da Unterschiede. Die Künstler leben in einer anderen Welt, manchmal leben sie abseits von gesellschaftlichen Trends. Und genau das tun wir nicht. Wir müssen Trends schaffen oder sie zumindest sofort erkennen.

Wie entwickelt sich Berlin als Werbestadt?

Auf einmal kommen viele große Agenturen mit großen Etats. Auch die Joblage für uns hat sich in den letzten Zeit verbessert. Berlin hat ein großes Potenzial. Hier ist vieles offen. Wenn man durch die Bezirke geht, spürt man die unterschiedliche Stimmung. Die Leute sind nicht so gesättigt und gesetzt. Das ist auch ein Erfolgsfaktor für den Kongress.

Interview: ANNETTE ROLLMANN