Berlin liegt im Mittelfeld

Wien und München sponsern ihre Opern weitaus großzügiger als Berlin. In anderen europäischen Ländern wie Italien ist man dagegen knauseriger

Für die Kulturbanausen ist es ein Skandal: Warum muss sich ausgerechnet Berlin, Deutschlands ärmste Metropole, drei Opernhäuser leisten? Warum muss eine Stadt, die kaum noch die Sozialhilfe auszahlen kann, pro Jahr weit mehr als 200 Millionen Mark für Verdi oder Wagner ausgeben?

Doch so einzigartig ist Berlins Opernlandschaft nicht. Im Gegenteil: Gemessen an der dichten Kulturlandschaft, wie sie im deutschen Sprachraum landauf, landab zu finden ist, liegt Berlin im guten Mittelfeld.

Trotz mancher Theaterschließung oder Fusion gibt es in der Bundesrepublik noch immer rund 80 Bühnen, auf denen von einem festen Ensemble regelmäßig Opern gespielt werden. Bei zirka 80 Millionen Einwohnern kommt dementsprechend auf eine Million Bundesbürger im Schnitt ein Opernhaus – Berlin mit drei Häusern bei rund 3,5 Millionen Einwohnern schneidet also keineswegs überragend ab. Die meisten der Provinzbühnen sind allerdings Mehrspartentheater, wo die Oper ihre Subventionen mit Schauspiel und Ballett, Musical und Kindertheater teilen muss. Opernvorstellungen geben die kleineren dieser Häuser nur an wenigen Abenden im Monat – dafür selbst in Kleinstädten wie Meiningen oder Neustrelitz, Annaberg oder Rudolstadt. Unrühmliche Ausnahme ist das Land Brandenburg, das in den letzten Jahren drei von vier Musiktheatern geschlossen hat. Die Opernfans können ja nach Berlin fahren.

Selbst wenn man Vergleichbares vergleicht, also die hoch subventionierten Opernhäuser in den Großstädten, ragt Berlin keineswegs einsam heraus. Wien leistet sich neben der Staatsoper noch eine Volksoper. Und die Bayern halten sich in München noch das Staatstheater am Gärtnerplatz, obwohl sie schon ihre Staatsoper mit 100 Millionen Mark im Jahr subventionieren – plus Kartenerlöse und Sponsorengelder, die im reichen Süden weit üppiger ausfallen als im armen Osten. Beide Städte, Wien und München, sind nicht einmal halb so groß wie Berlin.

Außerhalb des deutschen Sprachraums zeigt sich der Staat allerdings weniger großzügig. In den romanischen Ländern beispielsweise ist das teure deutsche Repertoiresystem – an jedem Abend wird eine andere Oper gezeigt – gänzlich unbekannt. Eine Inszenierung wird nach der Premiere fünf- oder sechsmal gezeigt und dann für immer abgesetzt. Nur so kommen in Italien selbst berühmte Häuser mit höchst bescheidenen Subventionen zwischen 20 und 50 Millionen Mark pro Jahr aus. Einzig die Mailänder Scala bewegt sich mit rund 70 Millionen Mark in den Dimensionen der drei Berliner Opernhäuser. RAB