Vom Dornröschen zum Sahnehäubchen

■ Der Hintern der Stadt als Flaniermeile: Die Schlachte ist Star der Bremer Expo-Beteiligung, hat mit ihr aber wenig zu tun

Die Schlachte, ein Sahnehäubchen? So zumindest sehen es die Stadtplaner des Bau- und Umweltressorts. Denn für sie ist die „maritime Bummelmeile“, so heißt das Stück Weserufer im Senatspresseinfo, nur ein kleiner, aber der feinste Teil des Expo-Projekts „Stadt am Fluss“. Zu dem vom Weserwehr bis zur Vegesacker Weserpromenade eine Reihe von Orten gehören, die allesamt einst „brachfallende Stadtflächen entlang der Weser“ waren und nun zu „neuen Quartieren, Gewerbeanlagen, Kultur- und Freizeiteinrichtungen aufbereitet“ wurden – O-Ton Senatsinfo.

Also die Schlachte. 750 Jahre alt. Mindestens. Ihren Namen, der so nach Metzger klingt, hat die Promenade vom mittelhochdeutschen „slait“ – das Einschlagen von Holzpfählen zur Uferbefestigung. Für Jahrhunderte blieb die Schlachte der einzige Hafen Bremens. 1888, als der Freihafen – der heutige Europahafen – fertiggestellt war, hatte die Schlachte ausgedient.

Nach dem Krieg war der Bereich durch die stark befahrene Martinistraße vom Innenstadtbetrieb abgeschnitten. „Dornröschenschlaf“, sagt dazu der Prospekt des Senats, des Prinzen, der die Schöne wachgeküsst hat.

Für knapp 61 Millionen Mark. Die Hälfte kam von der EU, knapp 24 Millionen aus Landesmitteln, weitere sechs Millionen von der Stiftung Wohnliche Stadt. Die Umgestaltung der Schlachte vom Stiefkind zum Prinzesschen begann 1996. Mit dem Bau einer Spundwand, die die unterspülten Steinschüttungen absicherten. Pontons schaffen Platz für 13 Schiffe. Dazu gehören Ausflugsdampfer, historische Kähne und das Schnellboot „Speedy“ für den direkten Weg von der Bierbank nach Helgoland. Hinzu kommt das Betonschiff „Treue“, aus dem, so freut sich Sunke Herlyn, Leiter der Senatsabteilung Raumordnung und Stadtentwicklung, „Veranstaltungen herausquellen“ werden. Auf der Promenade quillt dann alles zusammen. Aus den Schiffen heraus, und aus den Kneipen. Denn aus der öden Kontorfront zwischen Wilhelm-Kaisen- und Bürgermeister-Smidt-Brücke ist ein kulinarisches Multikulti geworden: Enchiladas neben Sushi, Pasta neben Bier. Platz für 1.500 Esser und Trinker.

„Nette Rosine“ sagt Helga Trüpel von den Grünen zu der Edelpromenade, aber mehr eben auch nicht: Das Konzept „Stadt am Fluss“ sei eine „verpasste Chance“. Denn das, was auch Stadtplaner Herlyn als „Schwerpunkt“ des Konzepts „Stadt am Wasser“ bezeichnet, nämlich die Hafenreviere, ist nicht das geworden, was es hätte werden können.

Nach Meinung der Grünen ist mit der Ansiedlung des Großmarkts im Überseehafen-Bereich die Möglickeit verbaut, das alte Hafenrevier attraktiv zu gestalten: mit maritimen Dienstleistern, Büros und Wohnungen. Eine vielfältige und aus sich heraus wachsende Entwicklung des Geländes sei vertan, findet Trüpel. Die Schlachte sei „ja nicht verkehrt“, aber: „Die Entwicklungsachse Weser besteht nicht nur aus touristischen Gesichtspunkten.“

Viel Lärm um wenig? Die laute Eröffnung der Schlachte am Samstag, 27. Mai, sei der „Auftakt“, sagt Herlyn: „Die Bremer haben's verstanden.“ Das Konzept. Das über die feine Promenade, die allein kaum Expo-würdig wäre, weit hinausgeht. Damit das auch wirklich so ist und einfallende Touristen die „Stadt am Fluss“ mit mehr verbinden als mit Saufen am Wasser, werden bunte Prospekte verteilt, die das Konzept erklären, wird im Planungsamt dasselbe in Ausstellungsform getan. „Wir haben alles unternommen, um die städtebauliche Gesamtverbindung herzustellen“, sagt Sunke Herlyn. Allein: „Die Wege und Interessen von Touristen sind oft nur schwer nachzuvollziehen.“ Susanne Gieffers

Die große und offizielle Eröffnungsparty der Schlachte steigt am Samstag, 27. Mai. Dann quillt die Schlachte endgültig über: Es werden 50.000 BesucherInnnen erwartet.